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3) Eine ergänzung und berichtigung der Regesta Boica bis auf den tod Ludwigs des Baiern oder doch we-
nigstens bis 1300.
Die gewährung dieser desiderien kann keine erheblichen schwierigkeiten finden, da sie den kreis archiva-
rischer arbeiten nicht überschreiten und in den voraussetzlich vorhandenen und fortgeführten inventarien ihre
unterlage bereits haben. Mit ihnen in der hand würde die gründliche und erschöpfende benutzung des archivs,
und somit die vervollständigung der bairischen geschichte, für solche forseher ermöglicht sein, die sachkennt-
niss urtheilsvermögen und thatkraft mit den persönlichen eigenschaften verbinden, die das für die gestattung
des zutritts nöthige vertrauen bedingen.
Neben ienen bibliothekarischen und diesen archivarischen arbeiten würden dann auch die wissenschaft-
lichen zunächst zum zweck der bereitlegung des materials in angriff zn nehmen sein. Ich weiss hier keine drin-
genderen zu bezeichnen, als einerseits die herausgab e der noch gar nicht oder nicht gitgedruckten chroniken an-
nalen und necrologien, diese so weit sie geschichtlichen stoff enthalten,also mit hinweglassung aller unbekannten
namen, und andererseits eines wittelsbachischen urkundenbuches. Letzteres wäre zunächst auf dieienige periode
zu beschränken, deren bisher bekannt gewordener stoff vermittelst der vorliegenden wittelsbachischen regesten
übersehen werden kann. Sämmtliche urkuuden der drei ersten wittelsbachischen herzoge wären aufzunehmen.
Von den späteren müssten nach einer mit historischem tact angestellten prüfung alle dieienigen hinwegfallen,
die nur eine locale bedeutung haben und deren inhalt dann auch gewöhnlich durch regesten erschöpft werden
kann. Dagegen müssten alle stücke die für die haus- und politische geschichte von bedeutung sind, namentlich
auch die vielen noch ungedruckten, mit sorgfalt aufgesucht und mit treue wiedergegeben werden. Ich denke
mir, dass ein solches urkundenbuch den umfang von zwei grossoctavbänden nicht überschreiten werde. Die zeit
binnen der es geliefert werden könnte, würde sich unter fördernden umständen auf ein paar iahre beschränken.
Der erforderliche kostenzuschuss zum druck würde, bei einer das werk empfehlenden und also auch den absatz
befördernden ausführung, selbst privatkräfte nicht übersteigen.
Mein persönlicher beruf mich mit bairischer geschichte zu beschäftigen, so weit er nicht in wissenschaft-
licher weise durch meine arbeit selbst begründet ist, lag auch darin, dass ich der RheinPfalz entstammend und
dorten angesessen dem königreich Baiern näher angehöre, und dass bei öfter wiederholtem besuche der haupt-
stadt land und leute mir werth geworden sind. Mögen nun auch andere, die ein herz für Baiern und dessen
geschichte haben, meine leistungen und meine vorschläge freundlich aufnehmen, iene benutzen, diese unter-
stützen. Hoffentlich tritt mein nur der sache selbst geltender guter wille überall deutlich genug hervor, um mich
vor missdeutungen zu schützen, die mir eine einlässlichere aber nicht fruchtbarere besprechung hier berührter
dinge auferlegen könnten.
Schliesslich bemerke ich noch, dass von diesen regesten nur 300 exemplare gedruckt wurden, und dass
daher nach abzug der exemplare die zu geschenken bestimmt sind, nicht genug mehr übrig bleiben, um für eine
ausgedehnte versendung zu genügen ; indessen werden die zum verkauf bestimmten exemplare doch wohl aus-
reichen um jeden liebhaber der einen abdruck auf buchhändlerischem wege verlangt, damit versehen zu können.
Frankfurt am Main, 30. august 1854.
süddeutscher und schweitzerischer geschichtsfreunde, welche aus gemeinschaftlicher liebe zur wissenschalt unter ein-
ander in verkehr stehend, bald von dieser absicht unterrichtet waren, und dieselbe soviel sie vermochten durch herbei-
schaffung des in handschriften, einzelnen handschriftsblättern und roteln zerstreuten materials zu fordern suchten. Das
werk erschien mitte 1850 zu Stuttgart als neunzehnter band der Bibliothek des Literarischen Vereins. Es ist mit ge-
wissenhafter benutzung der hss. aufs sorgfältigste gedruckt, mit geographischen crläuterungen, sprachlichen und sachlichen
anmerkyungen und einem register versehen: ein muster, wie dergleichen urbare herausgegeben werden sollten. Nachdem
noch zuletzt eine berner abschrift bekannt geworden war, hielt man das handschriftliche material für erschöpft. Wie
gross war daher das erstaunen zweier geschichtsfreunde welche am 16. oct. 1851 das reichsarchiv besuchten, als sie dort
von einem günner, der übrigens zur zeit der bearbeitung des urbars noch nicht mit dem reichsarchiv in verbindung
stand, zufällig erfuhren, dass auch hier eine alte und schöne pergamenths. sich vorfinde, die nun leider cin todtes gut ge-
wesen und beim abdruck unbenutzt geblieben war! Dieser nicht mehr zu verbessernde übelstand wäre nicht eingetreten,
wenn ein gedruckter katalog der hss. des reichsarchivs existirt hätte. — Und wer steht dafür ein, dass nicht auch auf der
hof- und staatsbibliothek eine solche hs. liegt. von der lie active wissenschaft nichts weiss?