vo
Ihm konnte die gedankenlosigkeit nicht entgehen, mit der man werthloses gedruckt, und zugleich wichtigstes,
wie die passauer sachen, unbeachtet gelassen hatte. Es begann nun eine von ihm sogenannte „regeneration“
der Mon. Boic. Man wollte das werk nun auch auf dieienigen theile des neuen königreiches ausdehnen, die nicht
zum alten herzogthum gehört hatten, und dem inhalte nach auch auf hochstiftische reichsabteiliche und städti-
sche urkunden (die landesfürstlichen wurden sonderbarer weise vergessen) erstrecken. Bei solchen absichten,
die einerseits, weil sie die chroniken ausschliessen, das was man sich unter Mon. Bolc. denken kann, noch nicht
ausfüllten, während sie andererseits durch beabsichtigte hinzufügung schwäbischer und fränkischer urkunden
diesen begriff überschritten, wäre es besser gewesen, das alte werk wie es nun einmal war zu lassen, und neue
serien mit charakteristischen titeln zu beginnen, wobei man dann auch das nicht mehr beliebte kleinquartformat
hätte loswerden können. Allein man zog es vor fortzuzählen, und den einzelnen urkundenreihen ihre beson-
deren titel zu verweigern, während man zugleich durch die einführung nichtzusammengehöriger doppeltbände
die reihenfolge verwirrte. Allerdings aber wurde nun die auswahl gehaltreicher und die arbeit sorgfältiger, be-
sonders seit der gelehrte und gründliche exbenedictiner Joseph Moritz ehrwürdigen andenkens mitarbeitete.
Indessen fehlte es abgesehen vom plan auch ferner nicht an veranlassung zu ausstellungen an der ausführung,
wovon ich hier nur die unglaubliche kargheit oder den gänzlichen mangel an einleitungen, in denen doch so
vieles über die vorgelegenen materialien und die befolgten bearbeitungsgrundsätze wäre mitzutheilen gewesen,
anführen will. Es wäre doch übel, wenn man gar nicht gefühlt hätte was alles in solchen fällen der herausgeber
seinem leser zu sagen hat. Wäre die lateinische sprache dem ausdruck dieser mittheilungen hinderlich gewesen,
so hätte man ia volle berechtigung gehabt für ein vaterländisches unternehmen die muttersprache zur vermitt-
lerin zu wählen. Wie vielman aber auch an den Mon. Boic. aussetzen mag (wobei für die erste hälfte doch auch
zu bedenken ist, dass man früher überhaupt geringere anforderungen stellte) : sie fallen jedenfalls durch die
etwas seltsamen schlummers, nicht immer beobachtet, und was über diese sache von herrn Semler und andern
gerügt wurde, wurde mit vollem grunde gerügt. Aehnlicher tadel wurde in der Jen.Lit. Zeitg. 1807 nr.278 über band 17,
und noch schärfer 1812 nr. 79 über band 18-20 dahin ausgesprochen, dass man das was in diesen drei quartanten des
druckes werth war auch auf zwölf bogen hätte mittheilen können, und dass man aus einem heumagazin leichter eine
Flora, als aus einem solchen zusammengerafften material ein geschichtswerk auszuarbeiten vermöge. Später nannte Karl
Heinrich von Lang in den Betrachtungen über Pallhausens Garibaldische Geschichten, und 1815 in einer eignen schrift
in der er die ersten sechzehn bände der Mon. Boic. vor den richterstuhl der kritik (freilich einer höhnenden) forderte,
die Mon. Boic. eine ganz sorglose mit falsch datirten, unrichtig abgedruckten und ganz erdichteten urkunden angefüllte
compilation, wie imschlaf zusammengestoppelt,einblendwerk desschlendrians. Dagegen traten 1815
Günthner und 1817 Westenrieder (in seinen Beiträgen zur vaterländischen Historie 10,193—212) auf, iener indem er ein-
zelne übertreibungen Langs zurückwies, dieser indem er seine eigne früher ausgesprochene richtigere ansicht leider
verleugnete. Dieser streit gab zu einem königlichen rescript vom 29 aug. 1815 veranlassung, welches eine prüfung der
bisherigen abdrücke, und eine untersuchung vorschrieb, ob unter den urkunden der klöster und stifter nicht noch un-
gedruckte aber der bekanntmachung würdige vorhanden seien. Hormayr hat später im Inland vom apr. 1829 und in den
anmerkungen zu seiner declamatorischen Rede über die Mon.Boic. (München. 1830. 4.) s. 44 einige ergebnisse der unter-
suchung zusammengestellt: ‚Die sache hat ihre komischen aber auch für ieden patrioten sehr ernsthaften seiten. Um aus
gar vielen beispielen einige wenige auszuheben, übertrifft das Ludwigische privilegium nr. 46 der Mon. Diessens. 8,212
selbst eine gespannte erwartung. Es hat auf der ersten seite 121, sage hundert ein und zwanzig, fehler; in den raiten-
haslacher urkunden kommen auf zwei druckbogen über sechzig fehler, ohne die interpolationen, ohne die graphischen
abweichungen! — Wer sollte nicht in dem ‚Elinigowe« (statt Isinigowe d. h. Isengau) einen neuen comitat entdeckt zu
haben wähnen, und in den »Poscones« (statt possessiones) einen neuen kriegerischen Baierstamm ? Wer sollte sich nicht
wundern über diesen prälaten: „Wernherus Labb, abbas de Bruckberg- aus dem entzweigespalten plötzlich zwei wehr-
hafte ritter werden: Wernherus de Laber et Albertus de Bruckberc? Ein „comes de Ebaresburc« (Ebersberg) aus dem
comes Eberhardus? Der ;curialis cerevisiarius-, hofbierbräuer, der doch ein latinisirter Stolzhirsch, Curialis Cervus, und
augsburger patricier ist? — Druckfehler wie territorium statt triticum, actum statt datum, dens statt dictus, Alberonis
statt abbatis, retinere statt minuerc, doctorecs statt dotes, rex statt heres, cerimantel statt Langenmantel, Lullesperch stait
Lechsperch, — überschriften wie: Privilegium Henrici V 1120, oder Sententia iudicialis 1270, oder contractus emti
venditi 1412 usw. sind eben nicht sehr lehrreich zu preissen.« — Das aufgestellte fehlerverzeichniss der ersten sechzehn
bände würde im druck zwei quartanten gefüllt haben, weshalb man lieber darüber schwieg; aber auch Jie in dem könig-
lichen rescript vom 29. aug. 1815 angedeutete geneigtheit zur herausgabe wichtiger ungedruckter urkunden trug der
wissenschaft damals keine frucht; vielleicht deshalb nicht, weil keiner der streiter diese gute dispositionen zu benutzen
verstand. Vergl. noch überhaupt Lang im Hermes 29,%0 folg. 54 folg. 184 folg-