Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Westfalen. Herzogthum Warschau. 15 
das Haupt der Patriotenpartei von 1791 und bisher Vorstand 
der interimistischen Regierungscommission, ernannt wurde. Der 
Reichsrath zerfiel in einen lebenslänglichen Senat und eine 
Kammer der 60 Landboten und 40 Gemeindeabgeordneten. 
Aber es fehlte viel, daß damit die Maschine wirklich in Gang 
gekommen wäre. Auf Napoleons Drängen reiste daher der 
König in Person nebst Gemahlin und Tochter im November 
nach Warschau, um dort Ordnung zu schaffen und blieb daselbst 
bis gegen Eude des Jahres; der alte sächsische Palast war 
seiner ursprünglichen Bestimmung wiedergegeben. Es war ein 
sehr weiser Entschluß des Königs, die Verwaltung und nament- 
lich das Finanzwesen seiner beiden Staaten völlig von einander 
getrennt zu halten. Hatte doch selbst Talleyrand den sehr 
richtigen, aber doch bedenklich klingenden Rath ertheilt, keine 
Geldopfer für Polen zu bringen, die wahrscheinlicherweise für 
Sachsen verloren sein würden ). Alle Amter im Herzogthum, 
mit Ausnahme der erst 1808 durch den Geheimen Finanzrath 
v. Manteuffel auf sächsischen Fuß eingerichteten Kron-Domainen= 
kammer, wurden mit Einheimischen besetzt, die Erlangung des 
Bürgerrechts geregelt, eine Anleihe von 3 Millionen Fl. pol- 
nisch aufgenommen und von dem König in seiner Uneigennützigkeit 
bestimmt, daß zuerst für deren Verzinsung und für die Ver- 
waltungskosten und dann erst für die Civilliste zu sorgen sei; 
diese betrug nur 7 Millionen Fl. polnisch, welche zur einen 
Hälfte baar auf den Staatsschatz, zur anderen auf die Kron- 
güter angewiesen waren; in Wirklichkeit hat jedoch der König 
nicht nur niemals etwas von dieser Civilliste bezogen, sondern 
sogar nach und nach dem warschauer Staatsschatze an 30 Mil- 
lionen Fl., endlich selbst aus sächsischen Cassen 21 Millionen Fl. 
vorgeschossen. Da sich als eines der dringendsten Bedürfnisse 
die Hebung der Volksbildung darstellte, so wurde vor Allem 
das Schulwesen geordnet, jede Gemeinde zur Errichtung einer 
Schule verpflichtet, den Lehrern eine Minimalbesoldung ge- 
sichert, die höheren Lehranstalten bestätigt und die Akademie 
1) Seufft, p. 110; Corresp. de Nap. XV, 554.
	        
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