220 Sachsen während des Befreiungskriegs von 1813.
Inzwischen kam Napoleon in Begleitung des Königs von
Neapel und Berthiers um der königlichen Familie seinen Ab-
schiedsbesuch abzustatten; selbst jetzt noch seine Ueberlegen-
heit über den König mißbrauchend trug er absichtlich das
vollste Selbstvertrauen zur Schau und gab sich den Schein,
als werde seine Entfernung von Leipzig nur vorübergehend
sein, bedauerte den König, der rielleicht genöthigt sein würde
Truppen gegen ihn zu stellen und wohl besser gethan hätte
ihn nach Weißenfels zu begleiten; der Königin versicherte er,
daß er sie bald in Dresden wiedersehen werde; in den stärksten
Ausdrücken sprach er sich über den Abfall ihres Bruders,
des Königs von Baiern, aus, den er zu rächen gedenke 2).
Gegen 91 Uhr verabschiedete er sich, ermahnte im Vorüber-
reiten die sächsische Garde den König wohl zu bewachen und
suchte durch das Gewühl den Ausgang aus der Stadt; hinter
ihm flog die Brücke am ranstädter Thore in die Luft, alles,
was sich noch auf dem rechten Elsterufer befand und sich nicht
schwimmend zu retten vermochte, der Gefangenschaft über-
liefernd.
Der König suchte nach Napoleons Entfernung wieder im
Souterrain Schutz vor den einschlagenden Geschossen. Wie
vollständig er sich von demselben hatte täuschen lassen, zeigte
sich, als jetzt plötzlich die Polen sich darauf besannen, daß
der König von Sachsen ihr Landesherr sei, und General
Dombrowski ihn um Verhaltungsbefehle für die polnischen
Truppen bitten ließ, die leden Befehl des Königs pünklich be-
folgen würden. Da alle polnischen Sachen vorschriftsmäßig
durch den polnischen Generaladjutanten zu gehen hatten, so
wies v. Bose den Boten an diesen, und auf demselben Wege
erfolgte die Antwort: „Der König habe den polnischen Truppen
1) Die bonapartistischen Schriftsteller, z. B. Faln (II, 435) bis auf
Thiers (XVI, 613) herunter machen dlesen Abschied ganz ohne Grund
zu einem rührenden Familiengemälde. Die Angabe, daß Napoleon dabei
den König aller Verpflichtungen edelmüthig entbunden habe, widerlegt
sich durch die im Anhang Nr. 28 mitgetheilte Note des Herzogs von
Bassano.