Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Belagerung von Dresden und von Torgau. 2.9 
Dresden blokierte ein russisches Corps unter General Tolstoi, 
das, nachdem es am 17. October durch einen Ausfall St. Cyrs 
drei Stunden weit zurückgeworfen worden war, durch Klenau 
verstärkt wurde. Am 23ten begann die Blokade aufs neue; 
es wäre ein Leichtes gewesen den Platz mit Gewalt zu nehmen, 
wenn nicht die Verbündeten aus Schonung für die Stadt es 
vorgezogen hätten, ihn durch Hunger zu bezwingen. So mußte 
denn außer der Garnison, unter der der Lazarethtyphus seine 
Verheerungen anrichtete, auch die Einwohnerschaft alle Schreck- 
nisse der Aushungerung über sich ergehen lassen, die durch die 
Gewißheit der Befreiung des übrigen Deutschlands um so 
bärter drückte ). Da die Lebensmittelvorräthe sehr bald zur 
Neige giengen, so entschloß sich Graf Lobau zu dem Versuch 
sich mit dem kampffähigen Theil der Garnison durchzuschlagen. 
Am 6. November erfolgte der Ausfall auf der großenhainer 
Straße, er kam aber nur bis Reichenberg. So blieb nur 
noch Capitulation übrig; dieselbe wurde den 11. November 
zu Herzogswalde zwischen Klenau's Generalstabschef Oberst 
v. Rothkirch und dem Obersten Murawiew, französischerseits dem 
Obersten Marion zugleich mit für den Sonnenstein abgeschlossen. 
Die Garnison, bestehend aus 1 Marschall, 31 Generalen, 
1759 Offizieren und 27714 Gemeinen, dazu 6051 Kranken, 
sollte szegen das Versprechen in gegenwärtigem Kriege nicht 
gegen die Verbündeten zu dienen nach Frankreich geführt werden. 
Noch am nämlichen Tage kam der sächsische General v. Mel- 
lenrin in die Stadt um das sächsische Heergeräth, sowie die 
Aufsicht über die Kassen und Kunstschätze zu übernehmen. Allein 
im großen Hauptquartier erhielt die Capitulation nicht die er- 
wartete Ratification und St. Cyr wurde mit seinem Corps 
kriegsgefan gen nach Mähren und Ungarn abgeführt. 
Hartnäckiger und länger wehrte sich Torgau, wo der 
tapfere Graf Narbonne commandierte. Es war ein eigen- 
thümliches Zusammentreffen, daß die Sachsen, noch vor wenigen 
Tagen zur Besatzung der Festung bestimmt, jetzt zur Bela- 
1) Mittheilungen eines sächsischen Staatsmannes, S. 326.
	        
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