246 Das fremre Gouvernement und der wiener Congreß.
peinlichste Aufsehen erregenden Maßregel an, worauf die
Arrestanten der Forderung des Gouvernements freiwillig nach-
kamen 1). Ueber dem Nothwendigen verlor jedoch das Gou-
vernement auch das Nützliche und selbst das Schöne nicht aus
den Augen. Auf den Kammer= und Chatoullengütern waren
zahlreiche Kriegsschäden auszugleichen, die Merinoschäfereien
wieder in Ordnung zu bringen, mehreren Fabrikanten wurden
Vorschüsse gewährt. Die Erwerbung des Wernerschen Mine-
raliencabinets für die Bergakademie zu Freiberg wurde eingeleitet,
die Bibliothek durch Ankäufe vermehrt, das Collegium medico-
chirurgicum in eine medieinisch-chirurgische Akademie, das
Cadettenhaus mit dem Pageninstitut vereinigt in eine Ritter-
akademie verwandelt, die Kunstakademie erweitert, die Samm-
lungen dem Publikum zugänglicher gemacht, gemeinnützigen In-
stituten Unterstützung gewährt. Besondere Sorgfalt wendete
Repnin den dresdner Anlagen zu. Der Große Garten, dessen
Fasanerie der Krieg zerstöärt hatte, wurde dem Publikum ge-
öffnet, den Erlös aus den Pallisaden, die er nach Kriegsbrauch
für sich beanspruchte, überwies er zum Bau der herrlichen
Freitreppe am Brühlschen Garten?).
Oberster Zweck aber bei den Maßregeln des Generalgou-
vernements war und blieb der, die Kräfte des Landes für den
Krieg gegen Frankreich in Thätigkeit zu setzen; es säumte da-
her nicht, an die Reorganisation des sächsischen Heeres die
Hand anzulegen. So schwierig für ein so verblutetes und
ausgesogenes Land die Aufgabe war, seine Streitmacht fast
ganz von neuem zu schaffen, so wurde es doch der Opferfreu-
1) Groß, Erinnerungen, S. 138 ff. — Noch 30. März 1815 wurde
eine neur Zwangsanleihe von 2 Millionen Thalern zu Einlöfung der
von der Centralsteuercommission gestellten Anweisungen ausgeschrieben,
aber durch einen außerordentlichen Holzschlag auf den vierten Theil ver-
mindert. Außerdem wurden 7. Januar und 11. April 1815 durch zwel
neue Ausschreiben der Kriegsverwaltungskammer nach dem Central=
steuerfuße 900000 Thaler erhoben und in die sogenannte Lieferungsöqui-
valentcasse gelegt.
2) Gretschel-Bülan III. 642.