Ungewißheit Über Sachsens Schickfal. 261
mit dem immer mehr Bestand gewinnenden Gerüchte von
preußischen Ansprüchen auf sächsisches Gebiet 2), versetzten den
sächsischen Hof in solche Unruhe, daß man den Beschluß faßte,
nochmals einen Bevollmächtigten abzusenden um bei den Mo-
narchen, speciell bei dem Kaiser von Rußland, die Sache des
Königs zu führen. Die Wahl fiel, da der zuerst dazu be-
stimmte Graf Görtz erkrankte, wiederum auf Watzdorf. Schleunige
Wiederherstellung des Königs, Integrität des Königreiches, Zu-
lassung eines sächsischen Bevollmächtigten zu den Verhandlungen
über die deutschen Angelegenheiten, Erlaubniß, dem Kaiser beie
dessen Rückreise an einem beliebigen Orte aufzuwarten, das
waren die Hauptpunkte, die er denselben vortragen sollte 7.
Watzdorf traf die Souveraine nicht mehr in Paris an, dennoch
war sein dortiger Aufenthalt durchaus nicht vergeblich; nicht
bloß daß er bei Ludwig XVIII. das größte persönliche Wohl-
wollen für seinen Verwandten, den König Friedrich August,
vorfand, sondern es gelang ihm hier auch die ersten Fäden zu
dem nachher so überaus folgenschweren Bande zu schlingen,
welches Talleyrand mit der Frage über Sachsens Schicksal
verknüpfte. „Bis jetzt“, äußerte Talleyrand, als er ihm Zweck
und Inhalt seiner Sendung vertraulich mittheilte, „habe Frank-
reich sich nur mit seinen eigenen Interessen und mit der Aus-
söhnung mit den verbündeten Mächten beschäftigen können; nie
habe es sein Unvermögen, etwas für den König von Sachsen
zu thun, peinlicher empfunden als in diesem Augenblicke, aber
derselbe könne darauf zählen, daß auf dem Congresse zu Wien
Frankreich seine Sache verfechten werde."“ Auch was er von
Graf Stadion hörte, hob Watzdorfs Hoffnungen. Erst gegen
1) Watzdorf an Baron Jußt, Berlin, 18. Mai: „Jo crains beaucoup
Tinfluence de Mr. de Stein. Son caractere peut etre noble et bon
pour le fond, mais il est passioné et ses vues ne me paraissent guères
compatibles avec le bonheur des Etats du second ordre. 8’i y
une Conféderation du Nord de I’Allemagne, i1l faudra bien, qdue la
Saze en soit, et quimporte alors à la Prusse, due Ia Lusace et Torgau
soient Prussiens ou Sarons?“
2) v. Watzdorfs Instruction vom 18. Mai. Dr. Arch.