Die polnisch · sächsische Frage auf dem Congreß. 283
Einzug in Wien hielt, war es zwischen Rußland und Preußen
eine abgemachte Sache, daß jenes das ganze Herzogthum War-
schau, dieses das ganze Königreich Sachsen erhalten werde.
Wenige Tage darauf, am 28. September, genehmigte Alexander
den bereits bei Gelegenheit der marburger Vorgänge von Stein
gestellten, jetzt aber, um auf diese Art alle Hoffnungen auf die
Rückkehr des früheren Zustandes abzuschneiden, bestimmter wie-
derholten Antrag, sich kraft des Eroberungsrechts entscheidend
über Sachsens Schicksal auszusprechen und die Verwaltung des
Landes an Preußen zu übergeben; nur wurde diese Geneh-
migung in einer zwischen Stein, Nesselrode, Hardenberg und
Humboldt gehaltenen Conferenz an die Bedingung geknüpft,
daß Sachsen nicht als Provinz sondern als eigenes Königreich
mit Preußen verbunden werde 1).
So bestimmt indes diese Abmachung lautete, so wenig
fand sie den Beifall der übrigen Mächte. Die Vertreter
Englands, denen vor allem die Aufrichtung einer dauerhaften
Schutzwehr sowohl gegen die Wiederkehr französischer Eroberungs-
gelüste als gegen das nicht minder gefährliche Übergewicht Ruß-
lands am Herzen lag, zeigten sich zwar mit der llberlassung
Sachsens an Preußen ganz einverstanden, widersprachen aber
um so bestimmter der Vereinigung Polens mit Rußland, weil
diese Preußen und Osterreich mit schutzlosen Grenzen dem un-
bedingten Einflusse dieser Macht überliefert haben würde. In
diesem Sinne vertrat eine von ihnen in Wien unter dem Titel
Saron point vertheilte Denkschrift aus der Feder des Staats-
secretairs Cook die Ansprüche Preußens auf Sachsen und am
11. October gab Lord Castlereagh dem Staatskanzler Harden-
berg die formelle Erklärung, daß, wenn die Einverleibung von
ganz Sachsen in Preußen zur Sicherung der Ruhe Europas
nöthig sei, er dagegen weder sittliche noch politische Bedenken
habe, da Sachsen erobertes Land sei, der König seine Rechte
durch eigene Schuld verwirkt habe und es nöthig sei an einem
von den Rheinbundfürsten ein Exempel zu statuieren; sollte
1) Per# IV, 39. 117.