362 Sachsen von 1815—1833.
in Osterreich den Rettungsbalken aus aller Noth zu sehen.
Gerade die Antipathie gegen Preußen kittete das kleine Land
um so fester in sich zusammen. Untheilhaftig der stolzen Er-
innerungen, welche das Selbstgefühl des preußischen Volkes
allmählich zu wahrhaft deutschem Patriotismus läuterten und
erhoben, bot Sachsen dem Aufkeimen einer solchen Gesinnung
den allerungünstigsten Boden. Die Schamröthe über das Jahr
1813 verdeckte die Gluth ächter Vaterlandsliebe und die nach
der Schlacht bei Leipzig auch in Sachsen auflodernde Begeiste-
rung erlosch nur zu bald in dem Groll über die Theilung;
es war, als ob diese nicht bloß die Grenzen des Landes son-
dern auch die Gedanken der Bewohner verengert hätte. Männer
wie Krug 1), die an der Gestaltung der deutschen Verhältnisse
warmen Herzensantheil nahmen, wurden immer seltener; das
specifisch sächsische Augenmaß war bald ausschließlich in An-
wendung und die Regierung gieng wie erklärlich hierin mit
ihrem Beispiel voran. Der Wunsch ein Unterscheidungsmerk-
mal zu schaffen bewog sie, ehe noch der König sein Land wieder
betreten hatte, die alten fast vergessenen Wappenfarben schwarz
und gold ebenso wie die von Repnin eingeführte weiße Cocarde
mit grün-gelb-schwarzer Einfassung durch neue Nationalfarben
zu ersetzen; man wählte dazu mit Rücksicht auf die populäre
Bedeutung des sächsischen Rautenkranzes und auf das von der
Landwehr 1814 in weißer Fahne geführte grüne Kreuz die
weiße Cocarde mit grünem Nande, die „als äußeres Zeichen
der Eintracht und zur Belebung des nationalen Sinns auch
vom Cirilstande und besonders von allen öffentlichen Beamten
getragen werden sollte“" ). Am grün= weißen Bande wurde
auch der Civil-Verdienstorden getragen, den der König „als
bleibendes Denkmal der herzlichen Liebe, mit welcher er von
seinen Unterthanen empfangen worden, und zur Auszeichnung
1) Krug, Die Fürsten und Völlker in ihren gegenseitigen Forderungen
(1816).
2) Rescript vom 16. Juni 1815. Helbig, Im Neuen Reich 1871,
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