Graf D. Einsierel. Der Geheime Rath. 365
sichten des Königs, der, wie von jeher auf seine persönliche
Geltung eifersüchtig, erfüllt von dem Glauben an sein fünfund-
vierzig Jahr lang geübtes und nicht ohne gute Früchte geblie-
benes Regierungssystem, dazu durch sein Unglück gegen alles
Neue verbittert, in der unverrückten Bewahrung des Alten den
Inbegriff aller Regierungskunst sah. Und nicht er allein; war
es doch Manchem ein Greuel, daß sich nicht alle Einrichtungen,
die an das fremde Gouvernement erinnerten, schlechtweg wieder
beseitigen ließen. So war denn bereits in den im April 1815
zu Preßburg abgehaltenen Berathungen der Grundsatz aufgestellt
worden, „daß die Zerstückelung des Königreichs kein Grund sei
die bisherige Form der Verwaltung abzuändern oder eine neue
Verfassung zu ertheilen, wodurch die Verwirrung, welche die
ron dem fremden Gouvernement vorgenommenen, jedoch der
höchsten Prüfung und Genehmigung noch bedürfenden Verände-
rungen schon veranlaßt hätten, nur vergrößert werden würden“.
Damit waren also die vorzunehmenden Reformen auf das Maß
des Unerläßlichen beschränkt und soweit eine neue Organisation
der Behörden eintrat, war sie im wesentlichen nur darauf be-
rechnet, das Geheime Cabinet von der Controle anderer Be-
hörden möglichst zu befreien, die Bevormundung, in welcher es
alle Verwaltungszweige hielt, zu verstärken und die Gewalt der
Staatsregierung auch über viejenigen Kreise auszudehnen, die
sich bis dahin mehr unabhängig gehalten hatten. Darum mußte
vor allem das Geheime Consilium, bisher die eigentliche oberste
Landesstelle, fallen; an seine Stelle wurde ein aus den Con-
ferenzministern, den Präsidenten des Geheimen Finanzcollegiums
und der Kriegsverwaltungskammer, dem Kanzler und dem
Director des zweiten Departements des Geheimen Finanzcolle=
giums bestehender Geheimer Rath gesetzt, statt aber denselben
ebenfalls zur Hauptbehörde für die gesetzgebende und oberauf-
sehende Staatsgewalt zu machen, sollte er „hinfüro mit Wegfall
der dem Geheimen Consilio zeither obgelegenen administrativen
Besorgungen nur zu Unserer Berathung bei den besonders über
allgemeine Landesangelegenheiten von Uns zu fassenden Beschlüssen
und zu ertheilenden Anordnungen“ bestimmt sein. Daneben