Felbzug in Sachsen 1809. 43n
begreiflicherweise zu erlassen zögerte, da die Umstände der säch-
sischen Regierung die vorsichtigste Zurückhaltung auferlegten.
Am deutlichsten war ihr bei der Schwäche ihrer Streitmittel
ein ausschließlich vertheidigungsweises Verfahren vorgeschrieben,
und da auch die österreichischen Truppen strengen Befehl hatten,
das sächsische Gebiet nicht zu betreten, so würde das Land
wahrscheinlich vom Kriege so gut wie unberührt geblieben sein,
wenm nicht der eitle und ehrgeizige Thielmann beim Ministerium
auf eine „vorsichtige Offensive“ gedrungen und am 25. Mai
eine ganz nutzlose Recognoscierung über Peterswalde unter-
nommen hätte, die ihm nichts als in der Armee den Spott-
namen des Grafen von Nollendorf eintrug. Auf die Nachricht,
daß der Herzog noch immer in Zittau stehe, wendete er sich
in gerader Richtung durch Böhmen dorthin. „Das Haus
Habsburg hat aufgehört zu regieren“, verkündete er unterwegs
der Ortsbehörde von Nixdorf. Es glückte ihm zwar, am
30. Mai Zittau zu überfallen und die Braunschweiger zu ver-
jagen, allein im Jubel über den leicht errungenen Sieg vergaß
man die Vorsicht so weit, daß die Stadt schon am folgenden
Morgen vor dem in verstärkter Zahl zurückkehrenden Feinde
geräumt werden mußte. Der Herzog legte ihr, ehe er slch
nach Gabel zurückzog, eine Contribution von 6000 Thalern auf
mit der Erklärung, sie nicht wieder besetzen zu wollen, wenn
man sächsischerseits Ruhe halte, drohte aber im entgegengesetzten
Falle mit dem Schlimmsten. Statt dies zu beachten, ergriff
Thielmann sofort Repressalien gegen das böhmische Städtchen
Rumburg und ließ eine Proclamation gegen den Herzog drucken½),
von deren förmlicher Publication ihn nur die dringenden Vor-
stellungen des zittauer Magistrats und einiger besonnener Offi-
ziere abbrachten, da deren Sprache so ungebührlich war, daß
ein königlicher Befehl ihre sofortige Unterdrückung anordnete.
Durch diese unklugen und muthwilligen Neckereien brachte
es Thielmann dahin, daß die Österreicher sich nun doch zur
Überschreitung der Grenze entschlossen. Während General
1) v. Holtzendorff a. a. O., S. 187.