Lotterie. Criminalgeseygebung. 511
jeder Eingriff in die persänliche Freiheit, z. B. Verbote gegen
frühzeitige Heirathen, zu vermeiden seien. Dem entsprechend.
stellte die Armenordnung vom 22. October 1840 den Grund-
satz an die Spitze, daß die äffentliche Armenpflege Sache der
Gemeinden unter Oberaufsicht der Regierungsbehörden sei, der
Staat nur aushilfsweise da einzutreten habe, wo die Hilfs-
mittel derselben nicht ausreichten; der Reihezug, ein wahrer
Scandal in einem cimvilisierten Staate, wurde abgeschafft, dafür
jedem Heimathsbezirke die Verpflichtung auferlegt binnen fünf
Jahren ein Armen= und Gemeindehaus zu errichten.
Das sowohl die Volkswohlfahrt als die Finanzen nahe
berührende Lotteriewesen wurde gleichfalls umgestaltet, die beiden
zeither bestehenden Lottericen, die dresdner, welche zum Besten
der Straf= und Versorgungsanstalten, und die Stadtlotterie zu
Leipzig, welche zum Vortheil des dortigen Kriegsschulden-Til-
gungsfond gespielt wurde, in eine Landeslotterie verschmolzen,
der Stadt Leipzig aber ein verhältnißmäßiger Antheil am Er-
trage derselben gewährt, bis man später ihre Ansprüche durch
Zahlung einer Abfindungssumme beglich; zugleich wurden die,
Concessionen, welche mehrere Kleinstaaten bis dahin in Sachsen
besaßen, aufgehoben und alle fremden Lotterieen ausgewiesen.
Als die Regierung 1834 um einem einstimmigen Antrage der
zweiten Kammer zu entsprechen sich auf vertraulichem Wege
zu unterrichten suchte, welcher Erfolg von einer Verwendung
beim Bundestage für- Aufhebung sämtlicher Lotterieen und.
Lottos in den deutschen Bundesstaaten zu erwarten stehe, schien
das Resultat so zweifelhaft, daß sie von weiteren Schritten
abstand.
Die langersehnte. Reform auf dem Gebiete der Criminal-
gesetzzebung brachte der Landtag von 1836—1837. Das Be-
dürfniß, an die Stelle der Constitutionen von 1572, welche
die Basis derselben bildeten, eine vollständige Strafrechtögesetz-
gebung zu setzen, war bereits zu Anfang des Jahrhunderts er-
kannt und darum der Hof= und. Justitienrath K. A. Tittmann
und der Criminalist Prof. Chr. D. Erhard, jeder mit Aus-
arbeitung eines Entwurfs dazu beauftragt worden; diese, wurden