526 Sachsen von 1833—1848.
keines gesehen, zu einem Feste der Gedankenfreiheit, mächtig
zündend in den Gemüthern der Theilnehmer; selbst G. Her-
manns lateinische Festrede in der Aula erhob sich zu einem
ernsten Proteste gegen jegliche Fesselung der Denkfreiheit. An-
gelockt durch den Buchhandel oder anderwärts durch die Un-
duldsamkeit der Polizei vertrieben, schlug eine große Zahl von
Literaten und Schriftstellern in Leipzig ihren Sitz auf; nach
Herloßsohn, der schon 1826 den Anfang zu diesem leipziger
Literatenthum gemacht hatte, kamen G. Kühne, H. Wuttke,
K. Haltaus, H. Laube, E. Willkomm, J. Kuranda, der Be-
gründer und Herausgeber der Grenzboten, A. Buddeus,
K. Biedermann, F. Gerstäcker, A. Diezmann u. A., von
denen 1842 die Gründung des Vereins deutscher Schriftsteller
ausgieng. Der lebhafte Krieg, den sie von hier aus gegen das
preußische Regierungssystem eröffneten, zog 1843 der Leipziger
Allgemeinen Zeitung ein Verbot in Preußen zu; der zufällige
Umstand, daß Schiller sich einst in Gohlis aufgehalten, gab
einen willkommenen Anlaß alljährlich den Geburtstag des Dich-
ters als des Propheten der Freiheit öffentlich zu begehen und
zu einem Mittel der Agitation zu benutzen; namentlich wußte
der Theatercassirer und nachherige Buchhändler Rob. Blum
diesen Schillerfesten durch eine künstliche Mischung des poli-
tischen mit dem poetischen Elemente einen immer frischen Reiz
und eine nicht unwichtige Einwirkung besonders auf den nie-
deren Bürgerstand zu verleihen. Mehr und mehr concentrierte
sich in Leipzig der Schwerpunkt der politischen Meinung des
ganzen Landes, während Dresden kleinlich in Handel und
Wandel, von geringer geistiger Strebsamkeit und Jahr aus
Jahr ein von dem goldführenden Strome des Fremdenverkehrs
überspült, in politischer Farblosigkeit sich mit dem Vorzuge
begnügte, daß sich in keiner Stadt anmuthiger leben lasse
als hier. Trotzdem hatten auch in Dresden mit Ausgang
der dreißiger Jahre die specifisch ästhetischen Interessen an der
früheren Intensität verloren; Gutzkow, Mosen, Auerbach, die
sich hier heimisch machten, brachten freiere Anschauungen mir,
vor allem aber rüttelte A. Ruge die Geister auf, der, von