564 Das Jahr 1848.
Bundesgenossenschaft der hierdurch noch am ehesten zu zügeln-
den radicalen Partei nicht scheute. Sogleich auf einen höheren
als den bloß sächsischen Standpunkt sich stellend beschlossen die
Stadtverordneten am 1. März in außerordentlicher Sitzung
einstimmig dem Könige ihre auf die gemeinsamen großen In-
teressen der Nation gerichteten Bitten um Reorganisation der
Bundesverfassung, Preßfreiheit und Vertretung des deutschen
Volkes beim Bunde vorzulegen. Der Stadtrath, obgleich
überwiegend conservativ, schloß sich vom Strome ergriffen ein-
stimmig an, eine Deputation beider Collegien begab sich fol-
genden Tags mit der Adresse nach Dresden. Der König
empfing dieselbe zwar, verhehlte aber seinen tiefen Schmerz
über diese Kundgebung ungerechtfertigten Mißtrauens nicht und
lehnte es ab auf den Inhalt der Adresse einzugehen, mit der
die Vertreter Leipzigs sich offenbar zu einer Überschreitung ihrer
Befugnisse hätten hinreißen lassen. Mit lautem Unmuthe nahm
die der Rückkehr der Deputation harrende Menschenmenge des
Königs abweisenden Bescheid auf, aber R. Blutn beschwichtigte
sie durch das Versprechen, daß man nun direct auf Absetzung
der Minister dringen werde. Wirklich gaben Stadtverordnete
und Stadtrath unter Verwahrung ihrer Competenz das Votum,
man müsse dem über die Tragweite der geschehenen Manifesta-
tionen getäuschten Könige erklären, daß die Minister das Ver-
trauen des Landes nicht besäßen, und schlossen sich dem von
Brockhaus gestellten Antrage auf sofortige Berufung des Land-
tags an.
Bereits mit dem frühesten Morgen war eine zweite De-
putation nach Dresden gegangen. Nach einem vergeblichen
Versuche, v. Falkenstein, gegen den als Minister des Inneren
die Mißstimmung sich vorzugsweise richtete, zum freiwilligen
Rücktritte zu bewegen, erhielt sie vom Könige die Zusage der
baldigen Einberufung der Stände. „)Nichts jedoch“, setzte der
König hinzu, „wird mich bewegen von dem Wege abzugehen,
den mir meine Verbindlichkeit als Mitglied des Deutschen
Bundes und die Verfassung vorschreiben. Im Ubrigen vertraue
ich, daß es dem Ansehen der Behörden, der Kraft und dem