Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Die Sachsen im Parlament. Landtag. 579 
leidigten Nationalgefühls die revolutionären Leidenschaften zu 
entfesseln, die gemäßigte Majorität der Versammlung zu stürzen 
und ihr Werk zu zertrümmern. Mit nicht mißzuverstehenden 
Ausdrücken denuncierte Blum in der Versammlung auf der 
Pfingstweide seine Gegner der Volksrache, seine Reichstags- 
zeitung brandmarkte die Abstimmung als den schimpflichsten 
Verrath. v. Auerswald und Fürst Lichnowsky wurden am 
18. September das Opfer blinder Volkswuth: ein dunkler, 
blutiger Schatten fiel auf die Linke, die sich durch ihre Auf- 
stachelungen zur Mitschuldigen der Unthat gemacht hatte. Blum 
selbst wußte sich durch Gutheißung der vom Reichsministerium 
gegen den Aufstand ergriffenen Maßregeln klüglich zu decken. 
Joseph jedoch vergaß der gewohnten Schlauheit so sehr, daß er 
den Aufstand, „der eigentlich ein ganz kleiner gewesen sei“, 
zu beschönigen versuchte, und Schaffrath verlangte Anklage des 
Reichsministeriums wegen des verhängten Belagerungszustandes. 
Wenn das Ansehen des Parlaments seit dem 18. September 
unaufhaltsam sank, so haben die sächsischen Abgeordneten der 
Linken ihr gutes Theil dazu beigetragen. 
Unterdessen hatte auch der sächsische Landtag am 21. Mai 
seine Arbeiten begonnen. Es waren noch die alten Stände 
aber doch mit wesentlich verändertem, verjüngten Angesichte. 
Nicht nur daß die erste Kammer 7, die zweite sogar 28 neue 
Mitglieder zählte, daß der König zum Präsidium der letzteren 
den Webermeister Rewitzer und den Bürgermeister Pfotenhauer, 
zu dem der ersten den gemäßigten Nittmeister v. Schönfels 
berief, auch über die noch auf dem letzten Landtage so starre 
und selbstbewußte Aristokratie war ein anderer Geist gekommen. 
Nachdem diesmal unter Zustimmung der Regierung jede Kammer 
eine besondere Antwort auf die Thronrede 1) zu erlassen beschlossen 
1) „Uberall“, sagte dieselbe, „zeigt sich ein mächtiges Streben nach 
volksthümlichen Staatseinrichtungen, nach nationaler Einheit. Was ich 
von ersterer dachte, was ich davon zu einer Zeit dachte, wo sie nur das 
Eigenthum weniger Staaten in Deutschland waren, habe ich durch das 
Werk bewiesen, auf das ich heute noch mit Befriedigung zurückblicke und 
wodurch ich einen redenden Beweis meiner Gefinnungen und Ansüchten 
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