Anerlennung des Reichsverwesers. 585
in dem Freudenrausch über die Thatsache der Anerkennung legte
man auf die Form, in welcher sie geschah, weniger Gewicht.
Beide Kammern ertheilten sofort der Entschließung des Königs
durch Acclamation ihre Zustimmung; nur 6 Mitglieder der
äußersten Linken schlossen sich aus, „weil die Einsetzung eines un-
verantwortlichen Reichsverwesers ihrer Ansicht, eutgegen und eine
Zustimmung der Einzelregierungen und Stäme zu den Beschlüssen
der Nationalversammlung nicht erforderlich sei. Die Stände be-
gaben sich in corpore nach Pillnitz um dem Könige für die Aner-
kennung des Reichsverwesers persönlich zu danken. Enthusiastisch
war der Empfang des letztern auf seiner Reise durch Sachsen,
glänzend sein Einzug in Dresden, 10. Juli, an der Seite des
Königs, der ihn auf der festlichen Weiterfahrt bis Leipzig be-
gleitete. Der zum Bevollmächtigten bei der neuen Reichs-
gewalt ernannte Geh. Rath K. L. Kohlschütter (gest. 1866)
ward angewiesen „aus allen seinen Reden und Handlungen
erkennen zu lassen, daß die sächsische Regierung die Central-
gewalt aufrichtig und ernstlich in der Lösung ihrer schwierigen
Aufgabe unterstützen wolle; jedoch nicht außer Acht zu lassen,
daß diese Lösung durch eine unparteiische und umsichtige Er-
wägung der inneren Zustände der Einzelstaaten wesentlich be-
dingt sei“. Am 6. August fand die feierliche Huldigung der
Truppen für den Reichsverweser statt.
Selbst die materiellen Interessen folgten dem nationalen
Zuge. Als die sächsische Regierung andern Vereinsregierungen
Vorschläge wegen Revision des Zolltarifs und Erweiterung des
Rechte der Stände für sie maßgebend sind, wird jedoch immer eingedenk
sein, daß der ersehnten Gestaltung eines kräftigen Bundesstaats Opfer zu
bringen sind und daß ohne dringende Gründe den Beschllssen der Na-
tionalversammlung die Anerkennung nicht zu versagen, Regierung und
Stände in gleicher Weise für ihre Ausgabe erachten müssen.
Se. Majestät, getreu Ihrer ausgesprochenen Hingebung an die Interessen
des Gesamtvaterlandes, sind gemeint sowohl jenen Beschlüssen als der
Wahl in der Erwartung beizustimmen, daß S. k. H. der Erzhergog Jo-
hann auf Grund dieses Einverständnisses zwischen den Regierungen und
der Nationalversammlung die Wohl annehmen werde.“