Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Zwciter Wahlgesetzentwurf. 6# 
Die Beibehaltung einer ersten Kammer und eines Census 
für dieselbe versetzte die Radicalen in großen Zorn. Schnell 
wurde, um einen Druck auf die widerstrebenden Elemente des 
Ministeriums auszuüben, auf den 3. September eine General- 
versammlung sämtlicher Vaterlandsrereine nach Dresden ein- 
berufen. Das Wahl= und das Preßgesetz, das ganze Verhalten 
des Ministeriums erfuhren hier die schärfsten Angriffe; nach 
stürmischen Verhandlungen setzte es die äußerste Linke mit einer 
Stimme Majorität durch, daß die Aufrechthaltung der con- 
stitutionellen Monarchie für Sachsen aus dem Programm 
des Vereins gestrichen wurde. Die ferneren Beschlüsse: Ein- 
kammersystem ohne Census, Entlassung des Ministeriums und 
Bildung eines Ministeriums Oberländer, Auflösung des Land- 
tags und Berufung einer constituierenden Versammlung wurden 
Tags darauf durch die Zustimmung einer großen Volksversamm- 
lung bekräftigt. 
So hatte die republikanische Partei die Maske abgeworfen. 
Die nächste Folge war, daß die überstimmte Minderheit aus- 
trat, ohne daß sie jedoch deshalb aufhörte mit den demokrati- 
schen Vaterlandsvereinen in allen politischen Hauprfragen Hand 
in Hand zu gehen. Auch blieb nach außen und für die ge- 
meinschaftlichen Bestrebungen ein gemeinschaftlicher Central-- 
ausschuß bestehen. Die ganze Demonstration vom 3. Sep- 
tember aber verfehlte ihren Zweck. Oberländer erklärte der 
Deputation, welche ihm die Beschlüsse des souverainen Volkes 
verkündete, daß er sich von seinen Collegen, wenn er auch mit 
ihnen nicht ganz auf gleichem Standpunkt stehe, nicht trennen 
werde; die Mehrheit der zweiten Kammer stand fest zum 
Ministerium. Um zu verhindern, daß die Berichterstattung 
über das Wahlgesetz in Teschirners Hände falle, überwies sie 
dasselbe einer außerordentlichen Deputation, trotz des heftigsten 
Protestes der Linken, trotzdem daß Teschirner unter dem to- 
benden Beifalle der Galerieen der Moajorität drohte: „wenn 
sie die Linke tyrannisieren wolle, so werde ein anderer Richter 
über sie kommen, nämlich das Volkl!“ Die schreckliche Mord- 
scene in Frankfurt, ziemlich ernsthafte Excesse, die, wie es schien,
	        
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