R. Blums Hinrichtung. 595
legten. Am Z1sten fiel Wien, am 4. November wurden die
beiden Reichstagsabgeordneten verhaftet. Könneritz, sehr zu-
frieden, daß der verhaßte Demagog nicht seinen Schutz anrief
sondern nur seine Unnverletzlichkeit als Reichstagsabgeordneter
geltend machte, fühlte sich nicht veranlaßt, zu seinen Gunsten
mehr zu thun, als daß er am 7ten das ssterreichische Mini-
sterium um Mittheilung der Gründe der Verhaftung ersuchte,
unterließ es aber „um dieses äußersie Mittel nicht sofort zu
erschspfen“ sich an den Fürsten Windischgrätz zu wenden. Tags
darauf schärfte ihm zwar eine Depesche Pfordtens ein, den in
Wien befimllichen sächsischen Unterthanen allen gesandtschaftlichen
Schutz angedeihen zu lassen, aber ehe er noch diese Weisung
befolgen konnte, war Blum standrechtlich erschossen; eine zweite,
auf die Nachricht seiner Verhaftung erlassene noch dringlichere
Weisung traf erst nach der Execution ein ½0.
Wie ein Donnerschlag dröhnte die Kunde von Blums
Hinrichtung durch das ganze Land; ein Schrei des Schmerzes
und der Entrüstung erhob sich von der demokratischen Partei
über die an ihrem Liebling verübte Gewaltthat; selbst, die sich
nicht zu Blums Anhängern zählten, standen erschüttert, den
dem Reichsparlamente mit Vorbedacht versetzten Schlag nach-
empfindend. In Leipzig zog eine große Volksmasse mit um-
slorten Fahnen in die vom Nathe eingeräumte Thomaskirche
um den Todten zu ehren und zur Sühnung seiner Ermordung
Beschlüsse zu fassen; ein Haufe riß das österreichische Consulats-
wappen berunter; die Behörden entsandten Deputationen an
die Reichsgewalt. Die Regierung ertheilte sofort dem Ge-
sandten den Auftrag, für die Effecten des Getödteten und die
Bezeichnung seiner Grabstätte zu sorgen, verlangte von der
österreichischen Regierung die Mittheilung der Acten, erforderte
auf Antrag der zweiten Kammer von ihrem Gesandten einen
Rechenschaftsbericht und stellte bei der Centralgewalt entschiedene
Anträge auf energische Maßregeln zur Sühnung der durch
1) Die betreffenden Actenstücke in Landtagsmittheilungen 1849, zweite
Kammer, S. 246 ff.
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