Sachsens Stellung zum gagern'schen Programm. 601
gewalt“, fährt die Denkschrift fort, „auf die Verhältnisse
Osterreichs nicht passen, so wird zunächst eine Form zu finden
sein, unter der Osterreich beitreten kann. Eine befriedigende
Erledigung der Frage über das Reichsoberhaupt hält die säch-
sische Regierung kaum für möglich, bevor nicht die Ansichten
bierüber sich einigermaßen geklärt und genähert haben werden.
An und für sich aber neigt sie zu der Ansicht, daß ein aus
Vertretern der Einzelregierungen gebilretes Directorium dem
föderativen Charakter des Bundesstaates besser entspreche als
eine einheitliche Spitze“ Dabei erklärte sie es ausdrücklich
als selbstverständliche Voraussetzung, daß auch Osterreich an
den weiter zu pflegenden Verhandlungen Theil nehme. Im
Ubrigen sehe sie den Zweck dieser Verhandlungen nur in einer
Verständigung, nicht aber in einer Vereinbarung
mit der Nationalversammlung, an welcher sie den von ihr
mehrfach kundgegebenen Grundsätzen gemäß festhalte. Die
definitive und bindende Erklärung behielt sie sich bis nach der
zweiten Lesung vor, weil sie nach der sächsischen Verfassung ge-
bunden sei, vor Abgabe derselben die Zustimmung der Kam-
mern einzuholen. Ganz in dem nämlichen Sinne beantwor-
tete die sächsische Regierung, 10. Februar, die Circularnote
des berliner Cabinets vom 23. Jannar, welche sich gegen die
Idee des Kaiserthums aussprach und dafür die eines engeren
Bundesstaates unter Belassung Osterreichs im deutschen Bunde
in Anregung brachte. Aus demselben Grunde oder unter dem-
selben Vorwande verweigerte Pfordten die von den Kammern,
von der zweiten einstimmig geforderte Abberufung des Gesandten
v. Könneritz aus Wien, obgleich sich aus dessen Rechenschafts-
berichte eine nicht zu beschönigende Pflichtversäumniß ergab, weil
Osterreich erklärt hatte, daß es die Abberufung als einen Bruch
mit Sachsen betrachtet werde ½).
1) „Die Frage der Stellung Deutschlands zu Ostrreich“, sagte er,
„sei eine solche, vor der alle anderen in den Hintergrund träten; die
Regierung halte es für ihre Pflicht nichts zu thun, was nur im Ee-
ringsten dazu beitragen könne, die Größe, die Macht und das Wohl