Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Sachsens Stellung zum gagern'schen Programm. 601 
gewalt“, fährt die Denkschrift fort, „auf die Verhältnisse 
Osterreichs nicht passen, so wird zunächst eine Form zu finden 
sein, unter der Osterreich beitreten kann. Eine befriedigende 
Erledigung der Frage über das Reichsoberhaupt hält die säch- 
sische Regierung kaum für möglich, bevor nicht die Ansichten 
bierüber sich einigermaßen geklärt und genähert haben werden. 
An und für sich aber neigt sie zu der Ansicht, daß ein aus 
Vertretern der Einzelregierungen gebilretes Directorium dem 
föderativen Charakter des Bundesstaates besser entspreche als 
eine einheitliche Spitze“ Dabei erklärte sie es ausdrücklich 
als selbstverständliche Voraussetzung, daß auch Osterreich an 
den weiter zu pflegenden Verhandlungen Theil nehme. Im 
Ubrigen sehe sie den Zweck dieser Verhandlungen nur in einer 
Verständigung, nicht aber in einer Vereinbarung 
mit der Nationalversammlung, an welcher sie den von ihr 
mehrfach kundgegebenen Grundsätzen gemäß festhalte. Die 
definitive und bindende Erklärung behielt sie sich bis nach der 
zweiten Lesung vor, weil sie nach der sächsischen Verfassung ge- 
bunden sei, vor Abgabe derselben die Zustimmung der Kam- 
mern einzuholen. Ganz in dem nämlichen Sinne beantwor- 
tete die sächsische Regierung, 10. Februar, die Circularnote 
des berliner Cabinets vom 23. Jannar, welche sich gegen die 
Idee des Kaiserthums aussprach und dafür die eines engeren 
Bundesstaates unter Belassung Osterreichs im deutschen Bunde 
in Anregung brachte. Aus demselben Grunde oder unter dem- 
selben Vorwande verweigerte Pfordten die von den Kammern, 
von der zweiten einstimmig geforderte Abberufung des Gesandten 
v. Könneritz aus Wien, obgleich sich aus dessen Rechenschafts- 
berichte eine nicht zu beschönigende Pflichtversäumniß ergab, weil 
Osterreich erklärt hatte, daß es die Abberufung als einen Bruch 
mit Sachsen betrachtet werde ½). 
1) „Die Frage der Stellung Deutschlands zu Ostrreich“, sagte er, 
„sei eine solche, vor der alle anderen in den Hintergrund träten; die 
Regierung halte es für ihre Pflicht nichts zu thun, was nur im Ee- 
ringsten dazu beitragen könne, die Größe, die Macht und das Wohl
	        
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