Rücktritt des Ministeriums Braun. Ministerium Held. 603
halten habe. Das war das Ende jenes elf Monate vorher
mit so überschwänglichen Hoffnungen begrüßten Ministeriums
Braun ½). Bald willenlos sich auf den Wogen der Popularität
schaukelnd, bald nur in schwächlichen Versuchen mit der revo-
lutionären Brandung ringend, war es den Kräften unterlegen,
die es weder zu leiten noch zu bewältigen verstand. Ohne
Übereinstimmung in sich selbst, seiner Aufgabe nie mit voller
Klarheit sich bewußt, war es nirgends über wohlmeinende
Anläufe hinausgekommen, hatte es nach keiner Seite hin etwas
Dauerndes und Ganzes geschaffen, bei aller persönlichen Ehren-
haftigkeit seiner Mitglieder sich rasch abgelebt und nach und
nach das Vertrauen aller Parteien, schließlich das seiner eigenen
rerscherzt.
Noch in der nämlichen Sitzung vom 24ten wurden den
Kammern die Namen der neuen Minister bekannt gegeben:
zum Ministerpräsidenten hatte der König den Oberappellations-
rath Dr. Held ernannt, für das Auswärtige den Gesandten in
Berlin, v. Beust 2), für das Innere den Geheimen Regierungs-
rath Weinlig, für die Finanzen den Geheimen Finanzrath
v. Ehrenstein. Die Kammern trugen eine erheuchelte Sicher-
beit zur Schau, indem sie sich durch jenen „Coulissenblitz“
oder durch „alberne constitutionelle Gewohnheiten“ in ihrer
Tagesordnung nicht stören ließen. Nur beeilten sie sich in der
sichern Erwartung einer Auflösung noch diejenigen ständischen
Schriften, an denen ihnen besowers gelegen war, zu erledigen.
1) Dr. Braun selbst nahm die Stelle eines Amtshauptmanns zu
Plauen an, Oberländer wurde Geheimer Rath im Ministerium des Innern,
Georgi trat ins Privatleben zurück; v. d. Pfordten fand für seine Ent-
würfe ein weiteres Feld in München.
2) Friedr. Ferd. v. Beust, geb. 1809 zu Dresden, wo sein Vater
Kammerherr und Oberhosgerichtsrath war, hatte seine Laufbahn in der
Commerziendeputation begonnen, wurde 1836 Legationssecretär bei der
Gesandtschaft in Berlin, 1838 bei der in Paris, 1841 Geschäftsträger
emn münchner Hofe, 1846 Ministerresident in London, von wo er im
Mai 1848 als Gesandter nach Berlin versetzt wurde. Ebeling, Fr. F.
Graf v. Beust, 2 Bde. (1870—1871).