610 Sachsen von 1848—1854.
berufen auch jetzt für sie einzustehen. Am 12. -pril stellte er,
unterstützt von Haden und Tzschucke, in der ersten Kammer den
dringlichen Antrag auf sofortige Publication der Reichsverfassung.
Er verhehlte seine Abneigung gegen das preußische Kaiserthum
nicht; aber er beschwor seine Partei von dem verderblichen
Widerstande abzulassen. „Ich frage Sie“, rief er ihr zu,
„wollen Sie sich auf Seite der großen Dynastien stellen, wollen
Sie mit diesen gegen Ihr eigenes Fleisch und Blut kämpfen?“
An Offeuheit wenigstens ließ Schaffrath nichts zu wünschen,
als er zwei Tage darauf denselben Antrag in der zweiten
Kammer nur wegen des demokratischen Theils der Reichsver-
fassung empfahl. „Das Erbkaiserthum brauchen Sie nicht zu
fürchten “, versicherte er, „das kommt nicht zu Stande trotz
aller Beschlüsse; noch viel weniger aber hat es Bestand; dieses
ist todt geboren schon an sich!“ Welchen Standpunkt das
Ministerium in dieser Frage einnehme, konnte nicht zweifelhaft
sein, seitdem am 8. März Beust sich ausdrücklich zu den
Grundsätzen seiner Vorgänger, wie sie in den sächsischen Be-
merkungen zur Reichsverfassung niedergelegt waren, bekannt
hatte, ohne die Erklärung der Kammer, daß diese mit den
Forderungen des deutschen Volks, den Ansichten und dem Willen
der sächsischen Volksvertretung in entschiedenem Widerspruch
stehe, weiterer Beachtung zu würdigen. Die Dinge waren
jetzt an dem Punkte angekommen, wo sich die Wege des dy-
nastischen und des demokratischen Particularismus schieden. Die
Regierung „sah in der frankfurter Verfassung den Keim zu
einer allgemeinen Auflösung der deutschen Staaten und des in
ihnen geltenden monarchischen Princips; die einseitige Einführung
derselben sei für ein einzelnes Land wie Sachsen unausführbar
und würde dieses nur der Möglichkeit berauben sich bei den
Verhandlungen über die Einigung Deutschlands thätig zu be-
thelligen.“ Dessenungeachtet wurde der Heubnersche Antrag
in der ersten Kammer gegen eine Stimme, der Schaffrathsche
in der zweiten gegen die 19 Stimmen der mit der monar-
chischen Spitze Unversöhnlichen angenommen; weitere Anträge
auf Vereidigung des Militärs auf die Reichsverfassung, die