6 Sachsen von 1848— 1854.
Auch in mehreren anderen Städten, wo die Behörden ent-
weder ohnmächtig waren oder der radicalen Partei angehörten,
waren Unordnungen vorgefallen. Da man etliche Tage gar
nicht wußte, wo König und Ministerium sich befänden, so
ließ selbst mancher ruhige Mann sich zur Unterstützung der
provisorischen Regierung hinreißen, die, wie man allgemein
glaubte, für die Reichsverfassung kämpfte. In Zwickau z. B.
kam der Stadtrath dem Befehle derselben, die Communalgarde
nach Dresden zu schicken, nach, rief sie aber, nachdem sie bis
Leipzig gelangt war, auf die Nachricht, daß die Regierung
des Königs bestehe, wieder zurück. In Chemnitz und Freiberg
wurde die Communalgarde vom Pöbel zum Abmarsch nach
Dresden gezwungen, doch gelang es ihr, sich unterwegs von den
sie begleitenden Scharen frei zu machen und heimzukehren,
worauf die Ankunft der Truppen dem Terrorismus des Pöbels
bald ein Ende machte. In Freiberg wurden die daselbst ver-
bliebenen 40 Rekruten entwaffnet und, was auch in Wurzen
geschah, die Kammervorräthe der Garnison von Freischärlern
geplündert. Am schlimmsten standen die Dinge in Leipzig, das
die Regierung durch vie nothgedrungene Abberufung der Garnison
gezwungen hatte, sich, das fremde Meßgut und das Staatsgut
allein zu schützen. Dem immer stürmischer auftretenden Ver-
langen, die Communalgarde als Zuzug nach Dresden zu senden,
wußte der Stadtrath durch kluges Zögern auszuweichen; die
Erklärung wegen Anerkennung der provisorischen Regierung
wurde bis zur Rückkehr einer auf Kundschaft nach Dresden
geschickten Deputation verschoben; ein anderer Bevollmächtigter
eilte nuch Frankfurt um die Vermittelung der Centralgewalt
in dem Conflicte zwischen König und Land nachzusuchen. Am
öten faßten der Stadtrath und der permanente Ausschuß der
Stadtverordneten den Beschluß, die Stadt bis zum Austrag
des Conflicts zwischen Krone und Volk unter den Schutz der
Centralgewalt zu stellen. Trotzdem machte ein Volkshaufe den
Versuch in die Pleißenburg einzudringen um das dort stehende
4. Bataillon der Communalgarde zu entwaffnen; die Verletzung
eines Mannes durch einen Gardisten gab das Signal zum