Wiederherstellung der Ordnung. Die Narionalversammlung. 639
thätigten, daß sie consequent die Thatfrage bejahten, die Schuld-
frage verneinten und so einer politischen Demonstration zu Liebe
dem klaren Wortlaute des Gesetzes zuwider handelten. Viele
fürchteten, andere hofften Octroyierungen und gewaltsame Be-
seitigung der Märzerrungenschaften, doch zeigte das Ministerium
keine Absicht in die Bahn der Ausnahmegesetze einzulenken. Ge-
gründeter schien die Besorgniß der Vaterlandsfreunde, daß
durch die Aufstände in Dresden, Baden und der Pfalz die
deutsche Einheit wieder weit in die Ferne gerückt worden sein
möge.
Es konnte nicht fehlen, daß die dresdner Ereignisse in der
Nationalversammlung einen lauten Widerhall fanden. Kaum war
am 3. Mai ein von mehreren sächsischen Abgeordneten eingebrachter
Antrag, die Auflösung der sächsischen Kammern zu mißbilligen,
durch Annohme einer motivierten Tagesordnung beseitigt worden,
als am vten Wesendonk mit seinen heftigen Vorwürfen darüber,
daß die Centralgewalt nicht gegen die preußische Intervention
in Sachsen Truppen marschieren lasse, und eine Zuschrift der
provisorischen Regierung in Dresden, worin sie sich unter den
Schut der Nationalversammlung stellte, eine höchst tumultuarische
Scene hervorriefen, die damit endigte, daß verschiedene dringliche
Anträge, sämtlich darauf gerichtet, die preußische Intervention in
Sachsen zu hindern, dem Reichsministerium zu schleunigster Er-
greifung der nöthigen Maßregeln überwiesen wurden. Am
10. Mai traf Briegleb als Reichscommissar an Watzdorfs
Stelle in Dresden ein, er hatte aber kaum seine Mission aus-
zuführen begonnen, als der Rücktritt des Ministeriums Gagern
derselben ein Ende machte. Am nämlichen Tage erklärte die
Nationalversammlung mit 188 gegen 147 Stimmen das un-
befugte Einschreiten Preußens in Sachsen für einen schweren
Bruch des Reichsfriedens; in Folge dieses Beschlusses riek die
söchsische Regierung, wie auch die preußische bereits gethan, am
14ten ihre Abgeordneten aus der Nationalversammlung ab.
Zwar antworteten hierauf zehn sächsische Abgeordnete mit der
Erklärung, daß sie sich weder für berechtigt noch für rerpflichtet
bielten einer solchen rechtlich unbegründeten und unstatthaften