650 Sachsen von 1848—1854.
Pflicht des Dankes gegen Preußen wollte man nichtks wissen,
habe ja dieses in Dresden keineswegs für die Rettung der
sächsischen Dynastie sondern für sein eigenes Interesse gekämpft.
Daß das preußische Finanzministerium die allerdings unge-
rechtfertigte Absicht kund that, Sachsens Antheil an den Zoll-
revenüen auf Rechnung der von Sachsen zu erstattenden Kosten
der preußischen Hilfsleistung inne zu behalten, machte einen sehr
übeln Eindruck und veranlaßte von seiten der sächsischen Re-
gierung scharfe Reclamationen 1). Die gothaische Partei war
von jeher in Sachsen numerisch schwach; der größte Theil der
Presse stand auf seiten der Großdeutschen; wie viel auch der
Zollverein von dem traditionellen Preußenhasse gedämpft hatte,
so war davon doch noch genug vorhanden um von geschickten
Lippen aufs neue angefacht werden zu können. Auch die Demo-
kratie, getreu ihrem Grundsatze, sich keine Gewalt, die ihr im-
ponieren könnte, auf den Hals kommen zu lassen, sträubte sich
mit aller Kraft gegen den Anschluß an Preußen. So fand
also Beusts Politik im Lande selbst einen nicht zu verachtenden
Rückhalt. Mitte September war er in Person nach Wien
geeilt; er gewann dort die beruhigende Überzeugung, „daß
Osterreich die ernste Absicht hege zu einer zeitgemäßen Um-
gestaltung der Bundesverfassung die Hand zu bieten, voraus-
gesetzt. daß nicht von anderer Seite durch thatsächliches
Verschreiten der zunächst zwischen Österreich und Preußen zu
pflegenden Verständigung vorgegriffen werde.“
Diese Weisung fand willigsten Gehorsam. Als der von
Nassau im Verwaltungsrathe gestellte Antrag auf schleunige
Einberufung des Reichstags am 5. October zur Berathung
kam, erklärte sich Sachsen, dem sich auch hier Hannover auf
Grund vorhergegangener Vereinbarung in allen Stücken an-
schloß, entschieden gegen diese, weil vor erfolgter Verständigung
mit Osterreich verfrühte, Maßregel und nahm die Miene an,
als ob es der Errichtung eines engeren Bundes auf Grund
1) Schließlich wurden die preußischen Forderungen durch Zahlung
einer Pauschalsumme von 100000 Thlrn. ausgeglichen.