Landtag von 1849/60. 63
barkeit ausschloß, ihre Stimmen zu geben, wodurch verschiedene
Nachwahlen nöthig wurden, so überwog anfangs in beiden
Kammern die conserrative Partei um einige Stimmen, so daß
bei der Präsidentenwahl die Candidaten der letzteren, Georgi und
Appellationsgerichts-Präsident Cuno, siegten. Von den Kory-
phäen des letzten Landtags sah man diesmal nur wenige auf
den Bänken der Linken, die meisten waren flüchtig oder im Ge-
fängniß, und die erschienenen ließen erkennen, daß die empfangene
furchtbare Lehre sie, wenn nicht bekehrt, doch vorsichtiger ge-
macht habe. Obgleich daher durch die Nachwahlen der Linken
noch etliche Stimmen zuwuchsen und ihr in beiden Kammern die
Majorität verschafften, so wehte doch anfangs durch dieselben
ein gewisser Geist der Mäßigung und des Entgegenkommens,
der sich auch durch die provisorische Annahme der von der Re-
gierung vorgelegten Landtagsordnung bethätigte, welche die beim
vorigen Landtage eingeführte Autonomie der Kammern in wesent-
lichen Punkten beschränkte.
Allein die Hoffnung auf ein friedliches Zusammenwirken
dieser zweiten aus dem demokratischen Wahlgesetz von 1848
hervorgegangenen Volksvertretung und der durch den Maiauf-
stand ans Ruder gelangten Regierung war von kurzer Daner.
Hatte schon der strenge und strafende Ton, in welchem die
Thronrede der letzten Vergangenheit gedachte, verstimmt, so
erweiterte sich die Kluft, welche Ministerium und Kammern
trennte, mit jedem Tage mehr. Denn wenn auch die Mi-
nister v. Friesen und Behr eine maßvolle Haltung beobach-
teten und in vielen Dingen liberalen Anschauungen huldigten,
so trugen dafür Zschinsky und Rabenhorst eine desto größere
Schroffheit zur Schau und selbst Beusts diplomatische Glätte
täuschte nicht darüber, daß er mit den letzteren über das ziel,
die Zurückführung der vormärzlichen Zustände, ganz einverstanden
sei. Die reactionäre Partei wollte keine Verständigung mit
diesen demokratischen Kammern, sie drängte auf Beseitigung
derselben hin, welche von der Freimüthigen Sachsenzeitung be-
reits mit schadenfroher Siegesgewißheit verkündigt wurde. Auch
die Linke konnte von ihren alten Unarten, dem Clubwesen und