Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

694 Sachsen von 1848—1854. 
Außer in der Kirche selbst machte sich die Herrschaft der 
neuen Richtung besonders im Schulwesen geltend. Die ra- 
tionalistischen Lehrbücher wurden aus der Schule verwiesen und 
durch den lutherischen Katechismus ersetzt; die Seminarien, 
deren treibhausartiger, zu früh abbrechender und darum nur 
eine Halbbildung erzielender Lehrgang als eine Hauptursache 
der zahlreichen in diesem Stande vorgekommenen politischen 
Verirrungen angesehen werden mußte, wurden unter strengere 
Aufsicht genommen; der nicht wegzuläugnenden Thatsache, daß 
die Lehrer unter dem Einflusse der ganzen modernen Cultur- 
entwicklung gelehrter, vornehmer, ihren Gemeinden fremder ge- 
worden waren, sollte eine dem Wirkungskreis der Volksschule 
angemessene Einschränkung des Lehrplans mit Zugrundlegung 
von Bibel und Katechismus entgegenarbeiten. Auch die Uni- 
versität sollte politisch unschädlich gemacht werden; für die 
Studierenden wurde das Verbot der Theilnahme an Vereinen 
und Versammlungen verschärft und selbst auf Turnvereine 
ausgedehnt, der Collegienzwang und das Institut der Regierungs- 
bevollmächtigten wiederhergestellt; die Professoren Haupt, Jahn 
und Mommsen, 1848 die Hauptverfechter des monarchischen 
Princips, traf in Folge des gegen sie wegen ihres Verhaltens 
im Jahr 1849 gefällten Urtheils die Suspension von der aka- 
demischen Lehrthätigkeit, und obgleich schließlich in Mangel 
mehreren Verdachts freigesprochen, giengen in ihnen der Univer- 
sität drei ihrer besien wissenschaftlichen Zierden verloren. Der 
Kirchenhistoriker Niedner legte, verstimmt über die eindringende 
Orthodoxie, seine Professur freiwillig nieder. Die gegen die 
21 renitenten Professoren eingeleitete Disciplinaruntersuchung 
wurde bald niedergeschlagen. Nachdem aber jener Conflict mit 
dem akademischen Senate die Frage wegen der Reform der 
welche unter den gegenwärtigen Berhältnissen ganz besonders vermieden 
werden müsse". — Nach der Zählung von 1849 vertheilten sich die 
1,864431 Einwohner Sachsens auf die Confessionen mit 1,855241 Luthe- 
raucrn, 33725 Katholiken, 2582 Reformierten, 1772 Deutschkatholiken, 
89 Griechen, 1022 Juden.
	        
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