Darmstädter Coalition. 701
Coalition der Mittelstaaten ernstlich die Kraft zutraute sie
wieder aus dem Boden zu reißen. Beifall aber fand er bei
den Bevölkerungen nirgends; nirgends zeigten sich diese bereit,
dem dynastischen Particularismus zu Liebe ihre wichtigsten
Lebensinteressen zum Opfer zu bringen. In Sachsen zumal
kaßte niemand den ungeheuerlichen Gedanken, das Land einem
süddeutschen Zollverein einzuverleiben, ernsthaft auf. Außer
einer Kundgebung des deutschen Buchhändlervereins zu Leipzig
und des Chemnitzer Industrievereins zu Gunsten des Zollrereins,
verhielt sich daher die öffentliche Meinung, besonders da v. Beust
einer ähnlichen Demonstration des leipziger Handelsstandes
durch eine beschwichtigende Darlegung zuvorkam, ziemlich ruhig;
aber für die darmstädter Abmachungen, jenen angeblichen Act
der legitimsten, unvermeidlichen Nothwehr gegen ganz unerträg-
liche Verletzungen, erhob sich nicht eine competente Stimme
und die österreichische Partei malte den sächsischen Fabrikanten
vergeblich die Vorzüge eines ungehemmten Verkehrs mit 37
Millionen Consumenten vor. Die zweite Kammer begnügte
sich den dringenden Wunsch auszusprechen, daß aus den berliner
Conferenzen der Zollverein gekräftigt und verbessert neu hervor-
gehen und die Vereinbarung mit Osterreich gelingen möge; im
UÜbrigen legten die Stände die Sache vertrauensvoll in die
Hände der Regierung.
So war es hauptsächlich nur vie Sperulation auf die
Schwäche Preußens, was die Opposition gegen dasselbe am
Leben erhielt. Allein dieses lehnte die Anträge der darmstädter
Coalition rundweg ab und erklärte die Annahme des September-
vertrags und die Zustimmung dazu, daß die Unterhandlungen
mit Österreich erst nach erfolgter Reconstruction des Zollvereins
eröffnet würden, als präjudiciell für die Wiederaufnahme der
Verhandlungen. Ebenso bestimmt hielt Osterreich seinen Stand-
punkt fest; es wollte die Erneuerung des Zollvereins von der
vorherigen Verständigung mit Osterreich abhängig gemacht wissen
und erklärte, daß es die Zustimmung zu dem Verlangen Preu-
bens als einen Rücktritt von dem wiener Schlußprotokoll be-
trachten werde. Die Unmöglichkeit mit diesen Forderungen