706 Sachsen unter König Johann. Juneres.
aber noch nicht alt genug bin um fie ablehnen zu dürfen, so
trete ich die Regierung an.“
Mit so erschütternder Plötzlichkeit, wider Hoffen und
Erwarten, aber nicht unvorbereitet für die höchste Aufgabe
menschlichen Wirkens wurde Prinz Johann auf den Thron
seines nur um wenige Jahre älteren Bruders berufen 1). Von
jeher war sein tadelloser Wandel als Gatte und Vater, die
Sorgfalt, mit der er die Erziehung seiner Kinder selbst über-
wachte, seine geordnete und sparsame Haushaltung rühmend
anerkannt worden; seine zwanzigjährige landständische Thätigkeit
hatten ihm den Ruf ungewöhnlicher staatsmännischer Begabung,
seine wissenschaftliche Bildung einen unbestrittenen Platz unter
den namhaften Gelehrten der deutschen Nation erworben.
Keine von den geistigen Strebungen seiner Zeit war ihm fremd
geblieben. Angeregt vielleicht durch die Ereignisse in Griechen-
land lernte er bei Böttiger Griechisch, auch die vergleichende
Sprachwissenschaft erweckte sein Interesse, später ließ er sich in
die Chemie einweihen. Von ihm, dem Hauptanreger und lang-
jährigen Vorstande des sächsischen Alterthumsvereins, gieng auch
1852 die Gründung des Vereins deutscher Geschichts= und
1) Geboren am 12. December 1801 als der dritte und jüngste Sohn
des Prinzen Maximilian und dessen Gemahlin Karoline Marie Therese
von Parma, erhielt er seinen ersten Unterricht durch den Freiherrn
v. Wessenberg und den General v. Forell, welcher leytere auch die Sindien
seiner Brüder leitcte. In der Religion waren seine Lehrer der Abbé de
Eylvestre, Pater Läffler und der spätere Bischof Mauermann. Im Jahre
1815 wurde General v. Watdorf zur kferneren Leitung der Studien des
Prinzen berufen; in der Mathematil hielt ihm Oberslleutnant Fleischer,
in den Militärwissenschaften Major v. Eppendors, in der Rechtswissenschaft
Hofrath Stübel Vorträge. Zwanzig Jahr alt trat er in das Geheime
Finanzcollegium ein. Nach der Rückkehr von einer 1821 nach Italien
unternommenen Reise vermählte er sich 1822 mit Amalie Auguste, der
Tochter des Königs Maximilian Joseph von Baiern. — „Die Welt muß
Einem immer lleber werden“, schrieb über ihn Jean Paul 11. Juni 1822
aus Dresden, „da es darin Prinzen von solchem Geiste, solchen Kennt-
nissen und Gesinnungen gibt, wie ich heute einen kennen und lieben
lernte.“