Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

Stwasgesetzbuch. Strafprocehorduung. 709 
sormen nichts mehr wissen, und ohne Zschinsky's Festigkeit würde 
auch die Justizreform von den immer noch hoch gehenden Fluthen 
der Reaction verschlungen worden sein. Statt auf den von 
der Regierung gewünschten abgekürzten Berathungsmodus ein- 
zugehen beantragte die durch den adeligen Grundbesitz gebildete 
Majorität der ersten Kammer die Verschiebung der Gesetz- 
entwürfe auf den nächsten ordentlichen Landtag. Allein da nicht 
nur die zweite Kammer schon Tags darauf sich einstimmig mit 
dem vorgeschlagenen Berathungsverfahren einverstanden erklärte 
und den Beschluß der ersten verwarf, sondern auch die Re- 
gierung auf der Berathung der Vorlagen bestand, so fügte sich 
die erste Kammer und trat zunächst in die über das von 
Dr. Schwarze ausgearbeitete Strafgesetzbuch ein. Dieses, im 
Wesentlichen eine Umarbeitung des Criminalgesetzbuchs von 
1838 1), fand jedoch, obgleich es sich durch besondere Strenge 
gegen politische Vergehen empfahl, bei der äußersten Rechten 
wenig Beifall, namentlich v. Welck erklärte sich durchaus gegen 
den Entwurf, der dem Humanitätsprincip zu sehr Rechnung 
trage, und rieth bloß der Wiedereinführung der körperlichen 
Züchtigung beizustimmen. Nach mehrtägiger Berathung nahm 
die Kammer den Entwurf an, jedoch nur eventuell, um die 
Abgabe des Gesetzes an die zweite Kammer zu ermöglichen. 
Diese hatte sich unterdes mit der Strafproceßordnung beschäf- 
tigt, welche nun zwar das Anklageverfahren, Offentlichkeit und 
Mündlichkeit gewährte aber der Geschwornenbank ein Richter- 
collegium substituierte; doch legten selbst die Liberalen dem 
1) Im allgemeinen erlitt darin das Srrassystem durch Wegfall der 
zwei Grade der Zuchthausstrafe und des Dunkelarresis als Schärfungs- 
mittels sowie durch Wiederherstellung der körperlichen Züchtigung, durch 
Verlängerung des Maximums sämtlicher Freiheitsstrafen bis auf 30 Jahr, 
der Dauer der Gefängnißstrafe auf 4 Monate oder des Minimums der 
Arbeitshausstrase auf gleiche Frist, eudlich durch die veränderte Geltung 
der verschiedenen Freiheitsstrafen gegen einander und die erhöhte Ab- 
schätzung der Gefängnißstrafe zu Geld wesentliche Veränderungen; die 
Todesstrafe, für deren Vollstreckung die Offentlichkeit abgeschafft uud das 
Fallschwert eingesührt worden war, war auf weniger Fälle beschränkt.
	        
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