712 Sachsen unter König Johann. Juneres.
facultät gebildete Spruchcollegium zu Leipzig gieng wieder ein.
In den schönburgischen Receßherrschaften gelangte die Justiz-
reform erst vom 1. Juni 1865 an zur Einführung, nachdem
sich das Haus Schönburg gegen jährliche 3000 Thlr. oder
einmalige 75000 Thlr. zur Entlastung seiner Unterthanen von
der subsidiären Tragung der Untersuchungskosten hatte bereit
finden lassen. Grollend verschmähte nun auch die ußerste
Rechte das den Rittergutsbesitzern von der Regierung als Ersatz
für den Verlust der Gerichtsherrlichkeit dargebotene Institut
der Friedensrichter (Gesetz vom 11. August 1855), welche den
Unterbehörden verschiedene Mühwaltungen abnehmen und auf
das Armenwesen, die öffentliche Sicherheit und Aufrechthaltung
von Ruhe und Ordnung eine nützliche Einwirkung ausüben
sollten. Allerdings entsprach diese Einrichtung in der ihr von
der Regierung gegebenen Gestalt weder den Anträgen, welche
die zweite Kammer schon 1846 auf Brauns Anregung deshalb
gestellt hatte, noch taugte sie, wozu sie angeblich bestimmt war,
zur Anbahnung einer Selbstregierung des Volkes sondern war
ein schon in der Geburt halb ersticktes Ding. Eine Advocaten-
ordnung, welche durch Errichtung von Advocatenkammern eine
Art von Selbsicontrole in diesem Stande einführte, desgleichen
eine Notariatsordnung brachte das Gesetz vom 3. Juni 1859.
Die Frage wegen der Geschworenengerichte ruhte bis 1864.
Erst nachdem der deutsche Juristentag sich fast einstimmig für
dieselben ausgesprochen hatte, stellte die zweite Kammer einen
Antrag auf ihre Einführung; und diesmal erklärte sich die
Regierung nicht principiell dagegen sondern lehnte es nur ab
noch diesem Landtage eine Vorlage deshalb zu machen, theils
um abzuwarten, ob nicht ein allgemein deutsches Strafproceß=
gesetz versucht werden würde, theils weil sie mit einem neuen
Plane, der Errichtung von Schäffengerichten, beschäftigt sei; die
erste Kammer beschloß jedoch trotzdem den Antrag auf sich be-
ruhen zu lassen.
Fast volle zehn Jahre vergiengen noch seit Vollendung des
Strafgesetzbuchs, ehe Sachsen zur Covification seines bürger-
lichen Rechts gelangte, wie Preußen, Osterreich und Baiern sich