Justizreform. Bürgerliches Gesedbuch. 713
einer solchen bereits seit nahezu einem Jahrhundert erfreuten.
Sachsen gehörte zu den wenigen Ländern Deutschlands, die von
jeher ein eigenes Recht besaßen, auch hatte, abgesehen davon,
daß in der Lausitz einige erbländische Gesetze nicht publiciert
waren, hier immer nur ein Rechht für alle Landestheile ge-
golten; locale Gewohnheitsrechte gab es nur im Erbrechte, bis
auch diesen ein Federstrich des russischen Gouvernements ein
Ende gemacht hatte. Aber éußerlich betrachtet war das einheit-
liche sächsische Recht nichts weniger als einheitlich sondern in
eine Menge unter den verschiedensten Benennungen erlassene
Gesetze verstreut, neben denen aus älterer Zeit noch eine An-
zahl von Rechtsbüchern, besonders der Sachsenspiegel mit seinen
Glossen, die landüblichen sächsischen Rechte, nicht bloß für
Sachsen sondern für einen großen Theil von Norddeutschland
die Geltung von Gesetzen hatten. Müde dieses Zustandes
hatten schon die alten Stände wiederholt Anträge auf Codifi-
cierung des bürgerlichen Rechts gestellt, aber erst seit der Ver-
fassung machte die Regierung ernstlichere Anstalt denselben zu
entsprechen 1). Ein erster wichtiger Schritt geschah 1845, wo
unter Direction des Ministers v. Könneritz eine aus Geheim-
rath v. Langenn, Oberappellationsrath Held und Appellations-
rath v. Weber bestehende Commission zur Abfassung eines Ent-
wurfs niedergesetzt wurde, welche das damals für mustergiltig
angesehene österreichische bürgerliche Gesetzbuch ihrer Arbeit zu
Grunde legen und den sächsischen Verhältnissen anpassen sollte.
Hieraus entstand der von Dr. Held ausgearbeitete Entwurf,
der in Folge der Störungen von 1818—49 erst 1852 ver-
öffentlicht und 1835 den ständischen Zwischendeputationen zur
Begutachtung vorgelegt wurde. Da derselbe jedoch von mehrern
juristischen Autoritäten, namentlich von Wächter in Leipzig, sehr
scharfe Verurtheilungen erfuhr 7), so war die von den thüringi-
1) Marschner, Die Ansechtung der neuen Civilgesetzbücher (1853),
S. 19fl.
2) Die Literatur der gegen den Held'schen Entwurf erhobenen Be-
denken fiehe Landtagsacten 1860/61 I, 3. Bd., S. 426f.