Reform der Stifter, v. Beust Ministerprästdent. 7IT
Seit dem Tode des Ministerpräsidenten v. Sschinsky.
28. October 1858, nach welchem Beust selbst den Vorsitz im
Ministerrathe übernahm, während Behr, in den Mdelstand er-
hoben, das Departement der Finanzen mit dem des Innern
vertauschte und jenes an den wiedereintretenden Minister
v. Friesen überließ, machte sich eine etwas liberalere Strömung
geltend. Die Freimüthige Sachsenzeitung gieng ein, zahlreiche
Begnadigungen fanden statt, unter denen die Heubners mit be-
sonderer Freude begrüßt wurde 1); die langersehnte allgemeine
Amnestie für alle im Mai 1849 begangenen politischen Ver-
brechen erfolgte jedoch erst auf Anlaß der Geburt eines Thron-
erben, des Prinzen Friedrich August, 25. Mai 1865. Es lag
nicht in Beusts Weise, Gegner, die er nicht fürchtete, zu reizen
oder zu verfolgen, und nichts konnte damals in der That un-
gefährlicher sein, als die scharf einschneidenden Zügel der Re-
action etwas zu lockern. Die Tagespresse, stets durch das
Dameoklesschwert des Preßgesetzes bedroht, dessen Härte nur
durch die milde Praxis minder fühlbar wurde, hatte sich zu
solcher Zahmheit gewöhnt und war so saft= und kraftlos ge-
worden, daß die Regierung getrost das Bundes-Preß- und
Vereinsgesetz von 1854, da dieselben in den drei größten
Staaten gar nicht zur Ausführung gebracht worden waren, auf
eine von der zweiten Kammer befürwortete Petition des Buch-
händlervereins, 30. März 1865, auch in Sachsen aufheben
konnte; die Stände aber, die auf jedem Landtage durch Ver-
wahrungen Einzelner an ihre zweifelhafte Rechtsbeständigkeit
erinnert wurden 7), ließen sich von Beusts gewandter Hand so
folgsam gängeln, daß von ihnen sicher keine ernsthafte Opposition
1) Der letzte der Maiverurtheilten, Röckel, wurde erst Januar 1862
freigegeben.
2) Als der deutsche Abgeorductentag zu Weimar im Herbst 1862 sich
für die Rechtsbeständigkeit der aufgehobenen Verfassungen aussprach, legten
vier sächsische Abgeordnete gegen diesen Beschluß, da er geeignet sei den
innern Frieden auch solcher Staaten zu bedrohen, wo Ständeversamm-
lungen gegenwärrig in geordneter Wirksamleit beständen, Protest ein und
verließen die Versammlung.