Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

720 Sachsen unter König Johann. Inneres. 
Unangesessenen gewährt, der Census herabgesetzt, das Wahlrer- 
fahren vereinfacht und das Verbot der Wahlversammlungen 
aufgehoben werden, eine principlose Verquickung des ständischen 
Wesens mit einer kleinen Dosis Volksvertretung, die dem 
Grunvbesitz unter 116 Vertretern immer noch 74, der Ritter- 
schaft 49 beließ, während Dresden und Leipzig, die allein mehr 
Einheiten zählten als diese, je zwei behielten. Dennoch nahmen 
die Kammern das Dargebotene an, lehnten nur die Verstär- 
kung der ersten Kammer ab, nahmen aber selbst dem kümmer- 
lichen Zugeständnisse in der Ausführung noch einen Theil seiner 
Wirksamkeit durch den Beschluß, daß keine vollständige Er- 
neuerung der zweiten Kammer stattfinden sondern das neue 
Wahlgesetz nur bei den Ergänzungswahlen Platz greifen sollte ). 
Außerdem übten sie einen „Act freier Versöhmmg“, indem sie 
die Wiederverleihung der Wählbarkeit an die elf Renitenten 
von 1850 beantragten. Der Abgeordnete Heyner von Leipzig 
aber verstieg sich bei der Budgetberathung zu einem fulminanten 
Angriffe gegen das durch Beust repräsentierte System, wie 
Ahnliches seit 1850 nicht erhört worden war, warf ihm die 
Bevormundungssucht, die strenge Abhängigkeit, in der die Beamten 
gehalten würden, die Nichtbestätigung städtischer Wahlen, die 
bis in das kleinste Landstädtchen hinab von den Magistraten 
alle regierungsfeindlichen Elemente fern halten sollte, die an- 
stößige Zwitterstellung der Leipziger Zeitung als Regierungs- 
entreprise und doch nicht officielles Blatt u. a. m. vor, und 
wenn auch Beust diesen Ausfall mit überlegener Gewandtheit 
zu parieren verstand, so reihten sich doch daran auch von an- 
1) Die Abschiedsrede beim Schluß des Landtags, welche diesmal in 
Abwesenheit des Königs der Kronprinz (7. Augußt) hielt, sagte darüber: 
„„Als eines der schönsten Ergebnisse Ihrer Berathungen betrachte ich die 
Verabschiedung des neuen Wahlgesetzes und des Gesetzes, einige Abände- 
rungen der Verfassungsurkunde betreffend, bei welchen, ohne den bewährten 
Grundlagen unserer Verfassung zu nahe zu treten, dem wahrhaft prak- 
tischen Bedürfnisse Rechnung getragen worden ist. Sie ist ein Zengniß 
der Reise und Besonnenheit, mit welcher auch schwierige und politische 
Fragen von der sichsischen Ständeversammlung behandelt werden.“
	        
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