Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Dritter Band: Neuere Geschichte Sachsens von 1806-1866. (3)

726 Sachsen unter König Johann. Inneres. 
Selbstverwaltung der Gemeinden geschaffen, die sich für das 
ganze Land höchst wohlthätig erwies ½). 
Einen der zuverlässigsten Gradmesser für den zunehmenden 
Wohlstand des Volkes gaben die Sparcassen; war im Jahre 
1845 ein Guthaben von 1,«48 Thlrn. auf den Kopf der Be- 
völkerung gekommen, so betrug dasselbe 1862 9,68 Thlr. Die 
Zahl der Sparcassen vermehrte sich zwischen 1848—1861 von 
73 auf 118, die der Einleger ron 74144 auf 298918, die 
eingelegte Summe von 3,362264 Thlrn. auf 18,989986 Thlr., 
ein ehrendes Zeugniß für den sparsam fleißigen Sinn des säch- 
sischen Volkes. Das zuerst in Meißen 1854 gegebene Beispiel 
der Gründung eines Creditvereins nach Schulze-Delitzsch' System 
fand bald anderwärts Nachahmung. Die Landwirthschaft hatte 
sich durch die Entfesselung des Grund und Bodens sichtbar 
gehoben ?) und mit der freieren persönlichen Bewegung der 
Stand der Landwirthe eine weit höhere Intelligenz erlangt, 
welche die Resultate der Wissenschaft zu schätzen und praktisch 
zu verwerthen wußte. In viel hilfsbedürftigerem Zustande 
befand sich dagegen noch das Gewerbewesen, insbesondere das 
Kleingewerbe, theils durch eigene Schuld der Handwerker, die, 
in Egoismus und Engherzigkeit befangen, meist selbst ihre 
schlimmsten Feinde waren, thells in Folge der in den höheren 
Regionen verbreiteten Ansicht, daß Zünfte und Innungen als 
besonders feste Stützen der conservatiren Staatsordnungen zu 
schützen seien, bis endlich der zunehmende Verfall der Gewerbe, 
dazu die bevorstehende Einführung der Gewerbfreiheit in Oseer= 
reich, die Umgestaltung des gewerblichen Lebens zu einem Gebote 
der Nothwendigkeit machten. Da aber bei dem ersten Entwurfe 
zu einem Gewerbegesetz wesentlich jene politischen Bedenken 
1) Bitzer, Die Bezirls-Armenarbeitshäuser des Königreichs Sachsen 
(1864). — v. Schönberg, Die Armengesetzgebung des Königreichs Sach- 
len (1864). — Hallbauer, Zur Frage des sächsischen Armenwesens (1868). 
2) Anfang der vierziger Jahre berechnete sich der mittlere Ertrag der 
landwirthschaftlichen Bodenfläche Sachsens auf 5,4 dresdner Scheffel Rog- 
genwerth, 1857 auf 8,1 Scheffel. Zeitschrift des Katistischen Bureaus 
III, 1.
	        
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