Sparcassen. Landwirthschaft. Gewerbegesetz. 727
maßgebend waren, so stellte er sich statt der Beseitigung nur
die Regeneration des Zunftwesens zur Aufgabe und wollte
sein Ziel, Verminderung des Fabrikwesens und Fabrikproletariats,
Kräftigung des Bürgerstandes und Städtewesens und Zufluß
von Arbeitern zur Landwirthschaft durch Zusammenlegung meh-
rerer Innungen zu Hauptgruppen unter Beibehaltung von
vielerlei Beschränkungen und des ganzen Concessionswesens er-
reichen. Diese halbe Maßregel erregte jedoch nicht nur schon
im Staatsrath Bedenken sondern erfuhr auch von allen sach-
verständigen Begutachtern eine so einhellige Verurtheilung, daß
die Regierung den Entwurf zurückkog und im Sinne der Ge-
werbfreiheit umarbeiten ließ, und wenn auch noch das Gesetz
in dieser von den Kammern ohne eigentlichen Principienkampf
angenommenen Fassung (vom 15. October 1861) zahlreiche
Ausnahmen festhielt und selbst eine besondere Gewerbemündig-
keit mit dem 24. Lebensjahre einführte, so erlöste es doch den
Gewerbstand, indem es den Gewerbebetrieb Jedermann ohne
Unterschied des Geschlechts und ohne Nachweis des Lehrganges
und der Befähigung freigab, die sachlichen und räumlichen Ver-
bietungsrechte aufhob und dabei das Fortbestehen der Innungen
nur unter Beseitigung aller Privilegien gestattete, im wesent-
lichen von den Frsseln, in die er bisher geschlagen gewesen war,
und gab ihm in den Handels= und Gewerbekammern eine
selbständige Vertretung seiner Interessen; den Gewerbegerichten
sedoch wies es eine so geringe Competenz zu, daß sich unter
den Betheiligten kein Verlangen regte auch diese ins Leben
treten zu lassen. Die von der Gewerbefreiheit gehegten Be-
fürchtungen giengen in keiner Weise in Erfüllung, selbst der
Ülbergang zu derselben geschah fast unmerklich, dagegen trat in
allen Innungsgewerben an die Stelle des alten Schlendrians
bald ein rühriges Streben nach Fortschritt und besserer Aus-
bildung 1).
1) Der nderung in der Gewerbegesetzgebung entsprechend bestimmte
ein Zusatg zum Heimatsgesetz (15. October 1861), daß außer durch
Anfässigkeit und Gewinnung des Bürzerrechts die Heimatsangehsrigkeit