728 Sachsen unter König Johann. Inneres.
Der Großindustrie blieben auch in diesem Zeitraum manche
ernstliche Prüfungen nicht erspart. Die allgemeine Geschäfts-
stockung während des Krimkrieges im Jahre 1854 trieb die
Arbeiterbeväalkerung des Erzgebirges abermals der öffentlichen
Mildthätigkeit in die Arme. Schwerer noch wurde die Rück-
wirkung des nordamerikanischen Bürgerkrieges seit 1857 em-
pfunden, der der sächsischen Industrie nicht nur eines ihrer
wichtigsten Absatzgebiete 1) sondern auch den Bezug des un-
entbehrlichsten Rohmaterials, der Baumwolle, verschloß und die
meisten Baumwollenfabriken zeitweise zu anderen Fabrikations-
zweigen überzugehen zwang. Kaum minder gefährlich war dann
der plötzliche Preisabschlag der Baumwolle im Jahre 1863.
Im allgemeinen aber giengen doch die erzgebirgischen Zustände
unter dem wohlthätigen Einflusse der Schulen, der verbesserten
Gemeindeordnung, der neuen Verkehrsmittel und gemeinnütziger
Vereine einer stetigen Besserung entgegen und mit der Nach-
richt vom Falle Richmonds, April 1865, entwickelte sich in allen
Industriezweigen eine Thätigkeit, wie sie seit Jahren nicht ge-
kannt worden war. Wie überall so gieng auch in Sachsen die
Industrie mehr und mehr von der Hausarbeit zu der in ge-
schlossenen Etablissements, von der Handarbeit zur Maschinen-
arbeit über; allein in den fünf Jahren von 1856—1861 ver-
mehrte sich die Zahl der Dampfmaschinen, einschließlich der in
der Landwirthschaft, verwendeten, um 453 mit 8501 Pferde-
kräften. Nach der Zahl der davon ernährten Bevölkerung und nach
dem Werthe des Gesamtproducts stand die Weberei in Leinen,
Baumwolle, Wolle und gemischten Waaren obenan; der Gesamt-
werth ihrer jährlichen Production bezifferte sich im Durchschnitt
an baumwollenen Waaren auf 7—8 Mill., an wollenen und
am Wohnorte auch begründet wird durch die Anmeldung oder Toncessions=
erlangung zu einem Gewerbe, jedoch erst nach 5jährigem Aufenthalte und
Betrieb. — Einstimmig forderten die Kammern die Regierung auf, auf
eine gemeinsame deutsche Freizügigkeit hinzuwirken.
1) Von den 16,491427 Doll., für welche 1855—1856 Waaren aus
dem Zollverein in die Vereinigten Staaten giengen, kamen auf Sachsen
4,657555 Doll.