Anträge der Mittelstaaten auf Bundesreform. 745
lassen; als einzigen Weg zur Stärkung der deutschen Wehr-
kraft bezeichnete es den Anschluß der übrigen Armeecorps zum
einen Theil an das österreichische, zum andern an das preußische
Heer. Dieser Vorschlag hätte nicht eine so eminent politische
Tragweite haben müssen, um nicht bei den Mittelstaaten auf
den bestimmtesten Widerspruch zu stoßen. Eine Denkschrift der
sächsischen Regierung vom 19. Januar 1860, gewissermaßen
das gemeinsame Manifest der Würzburger, verwarf jede or-
ganische Verbindung der einzelnen Bundesstaaten mit einer der
beiden Großmächte auch in militärischer Beziehung ganz ent-
schieden, da eine solche im Fall eines Zwiespalts zwischen diesen
den Riß nur erweitern statt verhüten müsse. Sehr weise habe
die Bundeskriegsverfassung die Bundesarmee als ein selbstän-
diges Ganze hingestellt, an welchem Osterreich und Preußen
nicht mit ihrer vollen militärischen Kraft partipicierten, um
dadurch eine Garantie für die bloß defensive Stellung des
Bundes und eine Gewähr gegen die Zerreißung des Bundes
selbst durch den Dualismus jener zu erreichen. Aber auch rein
militärisch betrachtet habe die Selbständigkeit der Contingente
und die Kriegsherrlichkeit der einzelnen Souveraine den un-
zweifelhaften Vortheil, einen lebendigen Geist in den einzelnen
Truppentheilen auszubilden, ohne als ein Hemmniß bei der
Aufstellung und Verwendung im Bundesheere einzuwirken.
Sollten aber wirklich die Armeen der beiden Großmächte un-
abhängig vom Bundesverbande gestellt werden, so könnte das
nur die Folge haben, daß die übrigen Staaten sich ebenfalls
zu einer dritten militärischen Einheit zu verbinden und in dieser
Gestalt den Bundesverband mit jenen fortzusetzen hätten. Also“
ein engerer militärischer Bund im Bunde, der, ein gemilderter
Rheinbund, unfehlbar der Abhängigkeit vom Auslande ver-
fallen sein würde. Aus Berlin wurde erwiedert, diese „ideale“
Auffassung könne vor den mit der Bundeskriegsverfassung ge-
machten Erfahrungen nicht bestehen, worauf Beust zwar auf
die Fortsetzung der Polemik, die schon einen gereizten Ton an-
genommen hatte, verzichtete, doch aber nicht daran zu erinnern
vergaß, daß Preußens isolierte Stellung im Krimkriege allein