Russischer Feldzug von 1812. 81
der Ostsee bis an den Bug reichenden Heeresfronte operieren
sollte. Freilich litt es weder der französische Stolz noch Na-
poleons System anders, als daß ein franzssischer General sie
commandiere. Reynier, den Sachsen schon von 1809 her be-
kannt, erbielt auch jetzt wieder den Oberbefehl über dieselben;
doch wie damals, so verstand es der zwar rechtliche und menschen-
freundliche, aber strenge und verschlossene, des Deutschen un-
kundige Heerführer, der wie „das stumme Schicksal“ daher-
schritt, auch jetzt nicht, sich die Anhänglichkeit der Truppen zu
erwerben; sein geringschätziges Wesen verletzte die sächsischen
Generale, die vom König Lecog übertragene Oberaufsicht über
das ganze Corps schob er kurzer Hand bei Seite; aber sie
ehrten in ihm den tüchtigen Feldherrn und faßten bald Ver-
trauen zu seiner Führung. Auf die Zeit seines Oberbefehls
trat er gewissermaßen in die Dienste des Königs von Sachsen,
nämlich insofern ihm dieser einen Gehalt von monatlich
1000 Thalern zahlen mußte.
Am 26. März brach das Corps von Guben auf, gieng
bei Neusalza über die Oder und erreichte am 8. und 9. April
theils über Fraustadt, theils über Kargewo durch das Posensche
Kalisch, wo es einige Tage rastete. Aber bereits hier wurde
das sächsische Corps auseinander gerissen. Der Kaiser hatte
die Bildung von vier großen Reiterreservecorps unter dem
Oberbefehl des Königs von Neapel angeordnet. Nachdem in
Folge davon bereits in Karga das Regiment Prinz Albert
vom 7. Armeccorps getrennt und bis auf eine Schwadron,
die zu den sogenannten Truppen des Hauptquartiers kam, der
zum 3. Reitercorps Grouchy gehörigen Brigade Domanget
zugetheilt worden war, mußte Reynier jetzt weiter noch außer
der reitenden Batterie v. Hiller die beiden übrigen Regimenter
der Brigade Thielmann abgeben, welche nebst dem polnischen
Regiment Malachowski eine Brigade der Division Lorge im
4. Reitercorps Latour-Maubourg bei der großen Armee zu
bilden bestimmt war. Diese Maßregel, welche das 7. Armee-
corps auf 19313 Mann verminderte und es, was von besonderem
Belang, einem gerade an Reiterei überlegenen deinde gegenüber
öletbe, Te#er# Geschichte Sochsens.