Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Innere Verhältnisse. 11̃ 
zeitig Spuren von Selbständigleit und Stadtregiment und 
eigener Gerichtsbarkeit; wie denn diese überhaupt der Maßstab 
der übrigen Hoheitsrechte ist. Anfangs hielt der Graf in seinem 
Gau, wahrscheinlich dreimal jährlich, sein Landgericht, vor offener 
Schranne. Solche placita legitima kommen häufig vor, und 
es war des Kaisers Gericht, was er hier hielt. Als aber die 
Gaue in Grafschaften übergingen, Patrimonien wurden, ent- 
wickelte sich allmählich in ihnen statt kaiserlicher die Patrimonial- 
Gerichtsbarkeit. Bei der auch hier überhandnehmenden Feudal- 
aristokratie bildete sich aus den wenigen freien Grundbesitzern 
eine Art niederen Adels, der sich nachher von den ihm zu- 
ständigen und mit Hörigen und Hintersassen besetzten Dörfern 
nannte. Auch die Klöster legten mauche Dörfer an, um durch 
Urbarmachung, Waldausrodung neue Grundfelder, neue Loden-, 
Noval= und andere Zehenten und Abgaben zu erhalten. Leib- 
eigene, mancipia, wurden noch in Menge den Klöstern zum 
Seelenheil des Gebers verehrt. Zu dem Adel rechneten sich 
bald auch die Inhaber kleiner Kriegs= und Hof-Lehen, milites, 
ministeriales, wenn sie auch noch in Urkunden das Prädicat 
des höhern Adels, dominus, entbehren. 
Wichtiger als die unleugbaren Besitzungen des Hauses 
Ludwigs des Bärtigen am Rhein und an der Lahn, als deren 
Herr und Verwalter noch später Graf Heinrich Raspe III. 
vorkommt, nämlich Alt= und Neu-Windeck an den Grenzen der 
Grafschaft Berg und des Oberlahngaues, dann Güter bei Arn- 
stein au der Lahn, die Schlösser Bielstein bei Lempenich jenseits 
des Rheins, das Schloß Wied, Rospe, Braubach am Rhein, 
die im 12. und 13. Jahrhundert in die Häude der Grafen 
von Sayn und des Erxzstiftes Köln übergiugen ½), ist die frühe 
Erwerbung hessischer Besitzungen, well durch sie die politische 
Verbindung zwischen Thüringen und Hessen eingeleitet wurde. 
Heinrich Raspe, Ludwigs III. Bruder, kommt im Besitze der 
gisonischen Herrschaft Gudensberg, Ludwig als Schutzvogt der 
mächtigen Abtei Hersfeld und der Klöster Hasungen und Brei- 
tenau vor; selbst der Besitz von Kassel war eine Zeit lang 
1) Über die rheinischen Besitzungen s. Rommel, Hesf. Gesch. I, 270 
und Anmerkk. S. 135; über die hessischen Denselben I, 198. 205. 
87
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.