167
4 Hermunduren.
die Slaven auf den Schauplatz treten, erweitern wir ihn über
die Elbe.
Wie sehr auch die Geographen alter und neuer Zeit in der
Ansetzung der deutschen Stämme sich theilen, das bleibt gewiß,
daß suevische Völkerschaften, wie in der ganzen Mitte des deut-
schen Landes, so auch in diesen Gegenden saßen. Im Norden
und Nordosten stoßen an unser Viereck Longobarden und Sem-
nonen, im Osten Lygier, Vandalen, im Süden Markomannen,
Narisker, im Westen Chatten. Für das Innere finden wir
vom Harz herein Cherüc#er# aber den Frößten Theil jenes Rau-
mes vom Erzgebirge und Thüringerwalde abwärts bis zum
Harz nehmen die Hermunduren ein, die Sieger über den
Catnalda, zu Taeitus Zeit den Römern befreundet, aber, weil
entlegen und außer bleibeider Berührung mit ihnen, denselben
nur wenig bekannt und selten von ihnen genannt; bei Ptole-
mäus erscheinen sie als Teuriochämen. Auswandernde Schaaren
derselben siedelte zu Augustus' Zeit Domitins neben den Mar-
komannen an, unter denen sie sich verloren haben mögen.
Noch-am Makomannenkriege, 167 nu. Chr., nahmen Hermun-
duren Theil; nachher verschwinden sie allmählich 1).
Noch ist aber ihr Name nicht ganz verklungen, als in denselben
Gegenven, welche sie früher inne hatten, im Laufe der Völker-
wanderung der eines neuen gewaltigeren Stammes gehört wird,
der der Thoringer oder Thüringer (auch wohl Düringer) 5).
Da nun weder von einer Auswanderung der Hermunduren
noch von der Einwanderung eines die oberdeutsche Mundart
redenden Volksstammes wie die Thüringer irgend etwas ver-
lautet, so liegt es nahe, Thüringer und Hermumuren für ein
und dasselbe Volk zu halten, — eine Vermuthung, welche durch
1) Landau (Der nationale Hausbau, 1851—62) schließt daraus,
daß in dem jetzigen Thüringen, der Mark Meißen und der Lausitz ein und
dieselbe Art der Anlage des Hauses und Dorfes herrscht: „daß hier zu
irgend einer Zeit ein und dieselbe Bevölkerung gewohnt haben müsse“.
Da dies aber unbedingt nicht, wie Landau will, die Slaven gewesen
sein können, so darf man vielleicht an die Hermunduren deuken, deren
Sitze sich bedeutend weiter nach Osten erstreckten als die der spätern
Thüringer; vielleicht reicht aber schon die nachmalige Germanisirung dieser
Gegenden von Thüringen aus zur Erklärung hin.
2) Zum ersten Male bei Vegetins, De arte veterin. IV. 6.