Die Kirche. 285
entgegensetzen wollten, in Thüringen besonders, wo sie sich um
1260 zum ersten Male zeigten und bald zu Tausenden von
Stadt zu Stadt zogen, zur förmlichen Landplage, so daß Bischof
Dietrich von Naumburg ihnen offen den Krieg erklärte; auch
Bischof Albert von Meißen excommunicirte und vertrieb sie.
Gegen die Bischöfe von Merseburg und Naumburg standen
die von Meißen insofern im Nachtheil, als die Stadt nicht wie
bei jenen bischöslich war, sondern dem Markgrafen gehörte. Da
sie uun auch kein größeres geschlossenes Territorium besaßen,
so blieben sie trotz ihrer reichsfürstlichen Würde und trotzdem,
daß ihrer Kirche von den Markgrafen wichtige Rechte und Frei-
heiten eingeräumt wurden, daß auch einzelne von ihnen wie
Bruno II. und Withego I. auf Ausdehnung ihrer weltlichen
Macht bedacht waren und sich mit fürstlichem Glanze umgaben,
doch immer in Abhängigkeit von dem Landesherrn. Als man
seit dem 11. Jahrhundert anfing, die Besitzungen und Einkünfte
der Kirche, des Bischofs und der geistlichen Brüder zu unter-
scheiden, bezogen die letzteren, nunmehr Canonici, Domherren
genannt, eigene Wohnungen; die alte Disciplin hörte auf, sie
bildelen eine Korporalion von ungefähr 14 Mitgliedern mit
cigenen Rechten, während die Besorgung des Gottesdienstes den
Vilarien, selbst die Seelsorge dem Afrakloster überlassen wurde.
Desto größere Sorge widmete man dem Kirchenvermögen. Da
die Einnahmen der Domherren keineswegs glänzend waren, so
wurden Pfarrcien bleibend oder vorübergehend mit Stellen im
Kapitel verbunden, doch lebten auch einzelne von ihnen auf dem
Fuße vornehmer Herren. 1) Die Probsteien der Kollegiatstifter
Wurzen, Budissin und Zscheila-Großenhain, die Archidiakonate
in Nisan und der Niederlausitz waren mit Domherrnstellen in
Meißen verbunden, einzelne Domherren waren auch Mitglieder
auswärtiger Kapitel. Seit dem Ende des 13. Jahrhunderts
errang nach und nach, bei Aufnahme in das Kapitel, die adelige
Geburt den Vorzug vor dem Verdienste, wodurch der ohnehin
geringe wissenschaftliche Geist desselben noch mehr entschwand.
Im Jahre 1206 machte ein altzellischer Mönch demselben des
1) Vgl. das Testament des Probstes Dietrich, Cod. dipl. Sax. II, 1.
No. 329 und über das Ganze die Einleitung, S. XX.