Erwerbung der Burggrafschaft Meißen. 877
Da er leine Kinder hinterließ, nahm der Kurfürst die ganze
Burggrafschaft als ihm heimgefallen in Besitz, denn, obgleich
ursprünglich reichsunmittelbar, hatte sich die Stellung der Burg-
grafen den Markgrafen gegenüber doch mehr und mehr der
Landsässigkeit genähert. 1) Der Kaiser aber vergab sie und die
Grafschaft Hartenstein an einen Vetter des Gefallenen, seinen
Hofrichter Heinrich von Plauen, und befahl dem Kurfürsten
diesen in Besitz zu setzen. Daraus entspann sich eine ver-
wickelte Streitfrage, die zunächst von Friedrichs des Streit-
baren Söhnen durch den Vertrag zu Arnshaugk 1428 der Art
geschlichtet wurde, daß sie zwar die Burggrafschaft an Heinrich
von Plauen überließen, aber ohne die markgräflichen Lehen, so
daß nur ein geringfügiger Besitz bei derselben verblieb. Nur
den Frauenstein, in der letzten Zeit die burggräfliche Residenz,
überließen die Fürsten als ein markgräfliches Lehen an den
Burggrafen, — wie die Folge zeigte, ein Dangergeschenk, mittels
dessen es ihnen gelang, den durch die Ablösung der Burggraf-
schaft von der Markgrafschaft in das System der Territorial=
hoheit gekommenen Riß wieder zu schließen. Denn als der
Burggraf, ein unstäter, leidenschaftlicher Mann, die versprochene
kaiserliche Bestätigung auszuwirken unterließ und sich vielmehr
über ÜUbervortheilung beschwerte, kam es zu förmlichem Proceß,
dann zu offener Fehde. Der Burggraf knüpfte selbst mit dem
unruhigen Bruder des Kurfürsten Sigismund, der seit seiner
Abdankung wahrscheinlich als Laienbruder zu Weida lebte, ge-
heime Einverständnisse an, und um diese abzuschneiden geschah
es vermuthlich, daß der Kurfürst sich des letzteren bemächtigte
und ihn nach Freiburg in Gewahrsam brachte.
Schon drohete die Fehde größere Ausdehnung anzunehmen,
als es dem neuen Könige Albrecht II. gelang, einen Stillstand
zu vermitteln, worauf der sogenannte preßburger Macht-
spruch sie 1439 endgiltig beilegte. Durch diesen wurde die
ganze Burggrafschaft Meißen sammt Frauenstein an Sachsen
1) Scit 1323 legten sie sich den gräflich hartensteinschen Titel bei
und nannten sich seit 1338, wahrscheinlich in Folge eines von König
Ludwig 1IV. erhaltenen Lehnbriefes, „des heiligen römischen Reichs Burg-
grasen von Meißen“.