Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

1616 
486 Kurfürst Friedrich der Weise. 
gelangt war, sich erneuerten, riefen die sächsischen Fürsten die 
Entscheidung des Kaisers an, der hierauf zwar die Acht über Er- 
furt aussprach, sie aber alsbald auf Bitten des Erzbischofs wieder 
zurücknahm. Furcht vor den Übergriffen von Mainz vermochte 
endlich die Erfurter sich mit Sachsen zu verständigen und unter 
Vermittelung des gelehrten Juristen Henning Göde wurde 1516 
die Ruhe und die frühere Verfassung wiederhergestellt. ) Ein 
Mehres für Sachsen zu erreichen verhinderte die gegenseitige 
Eifersucht der beiden Linien des Hauses Wettin selbst, und dies 
war die offene Stelle, wo es der habsburgischen Politik nach 
und nach gelang, ihre Hebel immer tiefer einzusetzen, um die 
Macht des sächsischen Hauses zu sprengen. Zu den mancherlei 
Irrungen, die von der Haupttheilung her zwischen dem Kur- 
fürsten und seinem Vetter Georg, Herzog Albrechts Sohn, 
z. B. wegen des Herzogthums Sagan und der bibersteinschen 
Herrschaften von 1504— 1509, zurückgeblieben waren, kamen 
Mißhelligkeiten wegen der Erbverbrüderung mit Böhmen, da 
Georg mit diesem einseitig mehre Verträge abgeschlossen hatte. 
Behauptete Friedrich der Weise der dynastischen Politik Maxi-= 
milians gegenüber stets seine freie und unabhängige Stellung, 
so blieb Georg der ihm von seinem Vater vorgezeichneten Rich- 
tung, dem engen Anschluß an das Haus Habsburg, getreu. 
Schon auf dem augsburger Reichstag beobachtete der Kurfürst 
nicht ohne Besorgniß die Heimlichkeit, die sein Vetter mit dem 
Kaiser hatte, und wenn der Streit über die hessische Vormund- 
schaft zum Nachtheil Sachsens ausging, so lag dies hauptsäch- 
lich an Herzog Georgs offener Begünstigung der jungen Land- 
gräfin-Wittwe, mit der er bald darauf in noch engere Verbin- 
dung trat, indem er seinen Sohn Joham mit ihrer Tochter 
Elisabeth verlobte. ) 
Und selbst auf die Entstehung der edelsten und folgereichsten 
Schöpfung Friedrichs des Weisen ist jene geheime Eifersucht, 
1) Die von allen Neueren benutzte Hauptstelle mit feinen Blicken in 
das Wesen solcher Städterrepubliken, jedoch nicht ohne Parteilichkeit gegen 
Sachsen, ist bei Gudemus, Hist. Erfurt., p. 174—201. 
2) Vgl. Über das Allgemeine Ranke, Deutsche Gesch., Bd. I, 1. Buch 
und Droysen, Gesch. der preuß. Politik II, 2. S. 11 ff. 80 ff.
	        
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