Berbrennung derselben. 459
Wittenberg, dadurch noch besonders gereizt, daß Eck aus eigener
Macht zwei andere ihrer Mitglieder in der Bulle namhaft ge-
macht hatte, beschloß dieselbe nicht zu publiciren. Luther aber
ging noch weiter. Er appellirte nicht allein nochmals vom
Papst an ein allgemeines Concil, sondern auf die Nachricht,
daß man an einzelnen Orten das Urtheil der Bulle vollziehe,
verbrannte er am 30. December 1520 vor dem wittenberger
Elsterthore, in Gegenwart fast der ganzen Universität, das
Decret Gratians, die Decretalen, Clementinen und Extra-
vaganten der Päpste (und das kanonische Recht wurde damals
höher als die Bibel selbst gehalten), mit einigen Schriften von
Eck und Emser, und Leos Bulle mit den Worten: „weil du
den Heiligen des Herrn betrübet hast, so betrübe und verzehre
dich das ewige Feuer!“ Durch eine Schrift, die alsbald er-
schien, vertheidigte er diese seine Handlung. Was jetzt auch
einige seiner juristischen Collegen, Henning Göde, Schurff u. A.,
was sein Kurfürst, was der Papst, die Welt dazu sagen möchten,
darnach fragte er nicht. Seine Handlung steht oder fällt mit
ihm, denn er war ganz Luther, als er sie vollbrachte. Jetzt
war er frcei; jetzt konnte er nur vorwärts, ein Rückwärts gab's
nicht mehr. Der erste Act der Reformation war vollendet,
der Werth der Bibel, als einziger Richtschnur alles Glaubens,
war durchgefochten und gerettet.
2. Eigentliche Einwirkung der Reformation auf Sachsen.
Bis jetzt war die Reformation mehr von den Gelehrten,
Geistlichen und Mönchen verhandelt worden, als in das Leben
des Volkes und dessen Begriffsweise übergegangen. Jetzt aber,
als Luthers Schriften immer mehr sich auch in den untern
Klassen verbreiteten, als seine kräftigen und populären Pre-
digten seine Ansichten Allen faßlicher darlegten, als seine Per-
sönlichkeit, sein Muth, seine Gefahren die Gemüther ergriffen,
jetzt wurde die Reformation allmählich auch von der Masse
begriffen. Konnte diese auch das gelehrte Gerüste der neuen
Ansicht nicht würdigen, so war doch klar geworden, daß er
noch nirgends aus der Schrift selbst widerlegt worden sei, also
eigentlich Recht habe und daher unschuldig verdammt sei.