Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

1628 
470 Fortgang der Reformatlon. 
rein unmöglich sei. Überall zeigten sich die Geistlichen der 
neuen Lehre an Gelehrsamkeit und Moralität den bischöflichen 
Officialen überlegen. Es ergab sich zugleich, daß bei der 
mannichfachen Durchkrenzung der Grenzen das Eindringen der 
evangessschen Lehre auch in das albertinische Sachsen sich nicht 
verhüten ließ 1). Dagegen erwies sich auch die Heiligsprechung 
des Bischofs Benno von Meißen ohnmächtig, behufs welcher 
Hieronymus Emser, der eifrige Humanist und Freund Huttens 
von ehedem, aber seit der leipziger Disputation in einen der 
heftigsten Gegner Luthers verwandelt, eine Biographie Bennos 
verfaßte, und welche am 31. Mai 1523 durch Adrian VI. 
erfolgte, worauf 1524 die feierliche Erhebung der Gebeine des 
neuen Heiligen geschah, die Luthern zu seiner Schrift „Wider 
den neuen Abgott und alten Teufel, der zu Meißen soll er- 
hoben werden“ veranlaßte. Währenddessen wurde die Refor- 
mation in Kursachsen fortgesetzt und Friedrich oft der Ver- 
legenheit überhoben beizubehalten oder einzuschreiten, da Luther 
selbst den Obrigkeiten rieth, nicht erst unnützerweise beim Hofe 
anzufragen. Nebenbei arbeitete Luther mit eisernem Fleiße 
und unbeschreiblicher Gewissenhaftigkeit an der Übersetzung des 
Alten Testaments, die bis zum Jahre 1532 vollendet wurde 
und zumal bei den wenigen Hilfsmitteln damaliger Zeit (von 
Gelehrten wurden Cruciger, Bugenhagen, Jonas, Melanchthon 
dabei zu Rathe gezogen) ein Meisterstück zu neunen ist. 
Je kräftiger aber die Reformation sich weiter entwickelte, 
desto mehr verflocht sie sich mit den politischen Verhältnissen, 
desto näher rückte sie auch dem Punkte, wo sie mit den be- 
stehenden weltlichen Gewalten ebenso, wie es mit den kirchlichen 
bereits geschehen, unansweichlich zusammenstoßen und in Kampf 
gerathen mußte. Noch verging zwar geraume Zeit, bis das 
Schwert um des Glaubens willen gezogen wurde, aber be- 
gonnen hatte dieser Kampf bereits mit dem wormser Edicte. 
1) Trotzdem hat sich das Evangelium in Sachsen nicht mit derselben 
Energie Bahn gebrochen wie in manchen anderen Theilen des Neichs und 
namentlich in Franken. „Uberall“, schreibt Luther an Spalatin (März 
1523), „Ist das Wort Gottes mächtiger als bei unsern Nachbarn und 
selbst als bei uns.“ Hagen a. a. O. II, 346.
	        
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