Reactionsversuche. 485
ehrlich und christlich dünke, den ganzen Streit über den Antheil
der neuen Lehre an dem Aufruhre und über die kirchlichen Miß-
bräuche nur durch gelehrte, gottesfürchtige und unparteiische
Personen zu schlichten"“ 1), scheint ihm die Hoffnung auf Erfolg
nicht benommen zu haben.
Als er nämlich gemäß dem zwischen den Verbündeten ge-
troffenen Ubereinkommen, die verabredeten Maßregeln auch ihren
Nachbarn mitzutheilen, im Juli 1525 mit den Kurfürsten Al-
brecht von Mainz und Joachim von Brandenburg, den Herzögen
Heinrich von Wolfenbüttel und Erich von Kalenberg, lauter
altgläubigen Fürsten, einen Tag zu Dessau abhielt, und diese,
ermuthigt durch die Gleichheit ihrer Gesinnung, mehr noch
durch die glücklichen Erfolge des Kaisers gegen Franz I. von
Frankreich, den Beschluß faßten, „sich bei einander finden zu
lassen, wenn die Lutherischen einen von ihnen angreifen würden,
um solches Aufruhrs vertragen zu bleiben“ ), so trug er kein
Bedenken, denselben dem Kurfürsten und dem Landgrafen mit-
zutheilen. Die Folge davon war, daß der Kurfürst, der gleich-
falls in Gemäßheit des mühlhäuser Beschlusses mit dem
Marlgrafen Casimir von Brandenburg in Saalfeld zusammen-
kam, dort mit demselben wegen ihres Festhaltens am Worte
Gottes vorläufige Verabredung traf; Philipp besprach sich mit
dem Kurfürsten von der Pfalz zu Alzei. Die Lage der Dinge
war ernst genug, um beide Fürsten, die sich offen zu der Re-
formation bekannt hatten, mit gerechter Besorgniß zu erfüllen.
Namentlich der Kurfürst wurde vor den Praktiken seines Vetters
gewarnt, auch gegen ihn wie früher gegen seinen Bruder ver-
lautete die Drohung, er werde seine Abtrünnigkeit mit dem
Verluste der Kur büßen; das kaiserliche Ausschreiben für den
bevorstehenden Reichstag erinnerte an die strenge Vollziehung
des wormser Edicts. Daher fand Philipp mit seinem Antrag
auf eine engere Vereinigung der evangelisch Gesinnten, um auf
1) über Hessen vergl. Nommel III, 1. S. 322 ff. mit vielen archi-
valischen Nachrichlen.
2) Daß die desensive Fassung dieses Beschlusses nur aus einer Ge-
wohnheit der Zeit zu erklären sci, siche bei Ranke II, 186; über das
Folgende ebendaselbst S. 197 ff. u. 280 ff.