574 Das albertiuische Sachsen.
in Dresden ihm 120 Mark (jetzt ungefähr 1600 Thlr., ein-
trugen. Die Altarlehen, die Zinsen, Opfer und Obleyen fielen
dann in den Gotteskasten, die Vicarien und Altaristen hörten
auf. Auch daß bald nach der in Dresden eingenommenen Hul-
digung Ferdinand mit Execution des Testaments drohte und
zu verstehen gab, daß er, wenn sich die meißnischen Stände
über die Reformation beschweren würden, sich der Stände
anzunehmen gesonnen sei, hinderte in der Sache nichts. Hein-
rich erwiderte: „sein Land verdanke er nicht dem Testamente
(das ohnehin der Form nach nicht rechtskräftig war), sondern
ältern Verträgen, und er werde sich in seinem Lande nichts
vorschreiben lassen“.
Der Anfang der Reformation wurde zu Pfingsten 1539
in Leipzig gemacht, nachdem die Vertriebenen schon früher zu-
rückgerufen worden waren. Der Kurfürst, Luther, Melanch-
thon, Jonas, Myconius u. A. kamen selbst nach Leipzig; der
Gottesdienst begann in deutscher Sprache, und zu Luthers Pre-
digt war der Zulauf so groß, daß man Leitern an die Kirche
legte und von außen durch die zerbrochenen Fensterscheiben an-
dächtig zuhörte. Dann begann man mit Abschaffung des alten,
mit Einführung des neuen Ritus. Der Rath der Stadt hätte
gern das Abendmahl noch in der alten Form beibehalteny)
und wünschte, daß die ganze Landschaft vorher vernommen wor-
den wäre, aber Heinrich und seine Commissarien gingen auf
beides nicht ein. Dies deutete zugleich die doppelte Reaction
an, zu der sich Herzog Heinrich entschließen mußte: die eine
gegen die besonders durch Adel, Geistlichkeit und Universität ge-
schützte alte Lehre; die andere gegen Georgs Regierungssystem,
welches freilich wiederum fast ganz auf seinem Kampfe gegen
die Reformation beruhete. Es war eine volle politisch-religisse
Umgestaltung nöthig, ein Land vom heiligen Bunde zum schmal-
kaldischen hinüberzuführen. Die bisherige Stellung Sachsens
zum römischen Könige und dem katholischen Deutschland mußte
1) Doch verschwand nicht Alles auf einmal; die lateinischen Früh-
metten und Vespern u. A. blieben noch lange, und das Wandlungsglöck-
lein des Küsters bei der Consecrirung des Abendmahls bis 1787; s. Doli,
Versuch einer Gesch. Leipzigs, S. 175.