Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Erster Band: Von den frühesten Zeiten bis zur Mitte des sechzehnten Jahrhunderts. (1)

Instizwesen. 633 
juristisch gebildeten Räthen umgebenen Landesfürsten in ähnlicher 
Weise wie das aufkommende Söldnerwesen von der alten Lehens- 
aristokratie unabhängig machen half; damit kam neben der münd- 
lichen Verhandlung streitiger Sachen nun auch die schriftliche 
durch Sachwalter auf. Kräftig erwehrte sich das sächsische 
Haus aller Eingriffe des Reichskammergerichtes und ließ sich 
deshalb schon 1497 seine durch die goldene Bulle erworbenen 
und durch das Privilegium von 1423 auf sämmtliche wottinische 
Länder ausgedehnte Gerechtsame ausdrücklich bestätigen. Es ist 
nicht zu verkennen, daß die sächsischen Fürsten bei diesem Streben 
an der im Vergleich zu andern deutschen Territorien sehr früh- 
zeitig festgestellten Ordnung des Gerichtswesens ihrer Länder 
die beste Unterstützung fanden 1). Wic weit man aber auch 
hier noch von einem völlig gesicherten Rechtszustande entfernt 
war, zeigt am augenfälligsten das Beispiel des Kaufmanns Hans 
Kohlhase aus Köln a. d. Spree, der auf dem Wege nach Leipzig 
in dem Dorfe Wellaune von den Leuten des dortigen Guts- 
herrn, Günther von Zaschwitz, als verdächtig angehalten und 
seiner beiden Gäule beraubt, bei den sächsischen Gerichten gegen 
den Edelmann in keiner Weise sein Recht sinden konnte, worauf 
der Erbitterte 1534 dem ganzen sächsischen Lande absagte und an 
der Spitze seiner Gesellen die Grenze mit Feuer und Schwert 
heimsuchte, ohne daß die sächsischen Behörden bei der schadenfrohen 
Unthätigkeit der brandenburgischen Mittel besaßen, um sich seiner 
zu erwehren, bis er sich endlich auch an brandenburgischen Unter- 
thauen vergriff, gefangen und zu Berlin hingerichtet wurde ?). 
#Auch anderwärts regte sich noch bie und da vereinzelt das alte 
Fanstrecht. Ein Dresdner, Jacob Kaldenach, z. B. befehdete 
um 1536 das Kloster Altenzelle und hing Fehdebriefe mit Brän- 
den und Besen in einem Dorfe des Klosters auf 3), und Bei- 
spiele unerlaubter Selbsthilfe weist jede Stadtchronik Sachsens 
auf. Das Duell, gleichfalls eine faustrechtliche Erscheinung, 
mahm auch in Sacbsen überhaud. 
Was die übrigen Gebiete der Staatsverwaltung betrifft, 
1) v. Langenn, Albrecht, S. 320 ff.; Desselben Moritz II, 40 ff. 
2) Burkhardt, Der historische Haus Kohlhase (1864). 
3) Hasche, Dipl. Gesch. Dresdens II. 181.
	        
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