Object: Lehrbuch des Deutschen bürgerlichen Rechts. Zweiter Band. Das Sachenrecht. - Das Recht der Wertpapiere. - Das Gemeinschaftsrecht. - Das Recht der juristischen Personen. - Das Familienrecht. - Das Erbrecht. (2)

900 Buch VIII. Abschnitt 7. Das Pflichtteilsrecht. 
anzusetzen, so daß der Fortfall des Erbrechts der B. und des D. ausschließlich dem E. und 
dem F. zugut kommt; E. und F. erben also je ½, müssen aber dem C. als Pflichtteil #½/8 
des Nachlaßwerts herausgeben. 
Dagegen verbleibt es, wenn ein Angehöriger des Erblassers, der neben dem Pflichtteils- 
berechtigten als Miterbe berufen sein würde, sein gesetzliches Erbrecht durch einen Erbver- 
zichtvertrag preisgegeben (2310 Satz 2) oder wenn der Ehegatte des Erblassers sein gesetz- 
liches Erbrecht durch eine vom Erblasser gegen ihn erhobene Ehescheidungsklage verwirkt hat, 
bei den allgemeinen Regeln der gesetzlichen Erbfolge: der gesetzliche Erbteil des Pflichtteils- 
berechtigten wird also ohne Rücksicht auf ein Miterbrecht dieser Personen berechnet. — Bei- 
spiel: A. hat seine Ehefrau als Alleinerbin berufen, nachdem er zuvor mit seinen beiden 
Kindern B. und C. einen Erbverzichtvertrag abgeschlossen hat; nach A.8 Tode stellt sich 
heraus, daß der Erbverzichtvertrag, soweit er den C. betrifft, ungültig ist. Hier beträgt, da 
auf das Miterbrecht B.s keine Rücksicht genommen wird, der gesetzliche Erbteil C.S ¾°, sein 
Pflichtteil . 
b) Wenn ein Nachkomme des Erblassers vorhanden ist, der im Fall reiner 
gesetzlicher Erbfolge das gesetzliche Erbrecht eines entfernteren Nachkommen 
oder der Eltern des Erblassers ausschließen würde, so wird, falls der entferntere 
Nachkomme oder die Eltern nach den Regeln des vorigen Paragraphen pflicht- 
teilsberechtigt sind, ihr gesetzlicher Erbteil so berechnet, als sei jener Nachkomme 
nicht vorhanden. 
Beispiel. A. hinterläßt von Angehörigen einen Sohn B., die Ehefrau C., den Vater 
D.; in seinem Testament hat er dem B. das Pflichtteilsrecht rechtswirksam entzogen und unter 
ausdrücklicher Enterbung des B. zum Erben den N. berufen. Hier sind die C. und der D. 
pflichtteilsberechtigt. Und zwar ist als gesetzlicher Erbteil der C. ¼ anzunehmen (1931), da 
ihr gegenüber das gesetzliche Erbrecht des B. mitberücksichtigt werden muß; dagegen ist der 
gesetzliche Erbteil des D. auf ½ zu berechnen, da B. gegenüber dem Pflichtteilsrecht des D. 
als nicht vorhanden gilt; der Pflichtteil der C. beträgt also ½, der des D. ¼ des Nach- 
laßwerts.! 
III. Auf die Anfechtung eines Testaments oder Erbvertrages durch einen 
pflichtteilsberechtigten Angehörigen des Erblassers kommen die Vorschriften 
zur Anwendung, die für die Anfechtung von Testamenten und Erbverträgen 
im allgemeinen gelten. Eine Besonderheit ist nur, daß das Anfechtungsrecht 
einzig und allein dem Pflichtteilsberechtigten selbst sowie, wenn die Anfechtung 
einem Erbvertrage gilt, auch dem Erblasser zusteht; das Anfechtungsrecht des 
Erblassers erlischt aber, wenn der Pflichtteilsberechtigte stirbt oder sein Pflicht- 
teilsrecht verliert (2080 III, 2281 1). 
Beispiel. Der Witwer A. beruft als Erben den N., indem er zugleich seinem einzigen 
damals seit 8 Jahren in kinderloser Ehe lebenden Sohn B. das Pflichtteilsrecht rechtmäßig ent- 
zieht; einige Jahre darauf wird dem B. eine Tochter C. geboren; nun stirbt A. Hier ist die C. 
pflichtteilsberechtigt und kann als Pflichtteil ½ des Nachlaßwerts beanspruchen; sie kann aber 
auch das Testament A.3 anfechten, weil es keineswegs sicher ist, daß A., wenn er die Geburt 
der C. vorausgesehn hätte, den N. zum Erben berufen haben würde: sicht sie an, so erhält 
sie selber freilich gar nichts, sondern B. wird, da er ja nicht enterbt ist, Alleinerbe. 
IV. 1. a) Will ein Angehöriger, der unter einer Beschwerung oder Be- 
schränkung als Erbe berufen ist, den ihm zugedachten Erbteil ausschlagen, um 
sich den Anspruch auf den vollen Pflichtteil zu wahren, so muß er dies selbst- 
7) Strohal § 51 III.
	        
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