Full text: Geschichte des Kurstaates und Königreiches Sachsen. Zweiter Band: Von der Mitte des sechzehnten bis zu Anfang des neunzehnten Jahrhunderts. (2)

Kurfürst Christian I. Dr. Nic. Crell. 95 
die Berufung als Hofrath in die Landesregierung nach Dresden 
erworben. Daneben seit 1584 dem Kurprinzen als Secretär 
und Rath zugeordnet, wußte er sich in dieser Stellung dessen 
Vertrauen in solchem Maße zu erwerben, daß er nach Augusts 
Tode die Seele der ganzen Regierung wurde, wozu ihn außer 
seiner Geschäftstüchtigkeit, seinem Ehrgeiz und seiner unermüd- 
lichen Thätigkeit auch die Ubereinstimmung seines kirchlichen 
Standpunktes mit dem seines Herru befähigte. Denn wie 
dieser getreu der Lehre, in der er bis 1574 erzogen worden 
war, erklärte: „nicht calvinisch, auch nicht flacianisch wolle er sein, 
sondern Christianus“, so war Crell der erste, der sich in Sachsen 
wieder offen zu der so lange verfehmten melanchthonischen Auf- 
fassung der protestantischen Lehre zu bekennen wagte. Aber 
dennoch hat nur tendenzisse Entstellung, wie sie zu Anfang der 
folgenden Regierung geübt wurde, den Kurfürsten als einen 
völlig indolenten, jeder Regententhätigkeit abholden Fürsten, Crell 
als den allein verantwortlichen Urheber aller seiner politischen 
Handlungen darzustellen vermocht. Nicht bloß, daß seine Bau- 
lust eine Anzahl neuer Gebäude, das Salzhaus, das Lazareth, 
das Kufenhaus, den Marstall, in welchem er als Pferdelieb- 
haber sogar spanische Pferde hatte, schuf und die Befestigung 
des Königsteins vollendete, daß das in Augusts letzter Zeit ver- 
nachlässigte Kriegswesen durch Vermehrung der dresdner Gar- 
nison, die häufigen Aufgebote der Ritterpferde und des Adels 
und Musterungen der städtischen Milizen (die dresdner Muster-- 
tabelle ergab 1590 nur 1466 streitbare Männer) sich wieder 
mehr hob, daß eine Menge Verordnungen Augusts erneuert 
oder verschärft wurden 1), so war es Christian selbst und nicht 
1) Hommel, Chronolog. Register über d. Codex# August. (1778), 
S. 18—20. Manche Specialverordnungen bei Hasche, Diplomat. Gesch. 
v. Dresden, Bd. III. Über die Stistung eines Ordens der güldenen Gesell- 
schaft der Treue mit Christians Wahlspruch: „fide et vide“, s. Glasey 
a. a. O., S. 436. — Wenigstens Christian 1. verdient von dem harten, 
im übrigen aber nicht unwahren Urtheile ansgenommen zu werden, welches 
Insti im. Leben und Charakter des Grasen von Brühl (1760) 1, 29 fällt: 
„Alle nachfolgen den Kurfürsten, die zwei Christiane und die vier Johann 
George sind sehr mittelmäßige und zum Theil sehr schwache Regenten ge-
	        
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